Die Bindung des Franken an den Euro ruckartig aufzugeben ist falsch. Eine schrittweise Änderung der Schweizer Wechselkurspolitik wäre sinnvoller gewesen, meint StZ-Finanzkorrespondent Klaus Dieter Oehler.

Frankfurt - Die Schweiz galt lange Jahre als Hort der Verlässlichkeit. Das lag nicht nur an dem strikten Bankgeheimnis, das vor allem für diejenigen Ausländer attraktiv war, die ihr Kapital, aus welchen Gründen auch immer, lieber bei den Kreditinstituten der Eidgenossen lagerten. Das Bankgeheimnis ist aber nicht mehr so strikt, wie es einmal war – und die Schweiz ist spätestens seit Donnerstag auch für Anleger zu einem riskanten Platz geworden. Seit drei Jahren hatte sich die Schweizer Nationalbank (SNB) mit allen Mitteln gegen eine zu starke Aufwertung des Franken gewehrt. Doch nun die völlig überraschende Kehrtwende: die Bindung an den Euro wurde aufgeben, der Franken wertete massiv auf; das sorgte an den Aktienmärkten für Turbulenzen.

 

Es ist völlig unklar, was SNB-Präsident Thomas Jordan und seine Direktionskollegen zur Politikänderung bewogen hat. Zwar verteidigt er sich damit, dass die zunehmende Stärke des US-Dollar sowie die zu erwartende weitere geldpolitische Lockerung durch die Europäische Zentralbank die Verteidigung der Wechselkursgrenze immer weiter erschwert hätten. Die Argumente überzeugen aber nicht, denn es hätte auch andere Maßnahmen gegeben, die eine solche Schock-Reaktion verhindert hätten. Eine schrittweise Änderung der Wechselkurspolitik, etwa durch die Bindung an einen Währungskorb, wäre nicht nur für die Schweizer Wirtschaft und den Devisenhandel vorteilhafter gewesen, sondern hätte auch die Glaubwürdigkeit der Notenbank weniger erschüttert.

Zwar geht Notenbankchef Jordan davon aus, dass die Reaktion nach der Entscheidung übertrieben war, womit er vermutlich auch richtig liegt. Aber die Auswirkungen für die Schweizer Wirtschaft und die Tourismusindustrie werden auf absehbare Zeit beträchtlich sein, das Land könnte jetzt sogar in die Rezession geraten. Die Schweizer Unternehmen hatten auf die Notenbank vertraut, jetzt müssen sie die Folgen der Kehrtwende ausbaden. Vor allem aber ist der Ruf ruiniert; ein Hort der Verlässlichkeit – das war einmal.