Ganz bierernst ging es nicht zu, als sich Hartmut Seyfried in der Rosenau mit Hefeweizen, Strömungen und Gasturbulenzen beschäftigte. Der emeritierter Professor für Geologie und Planetologie der Uni Stuttgart hat gezeigt: Wissenschaft muss nicht staubtrocken sein.

Stuttgart - Heftig schäumend sprudelt das Hefeweizen aus der senkrecht ins Glas gehaltenen Flasche. Die Folgen dieser reichlich turbulenten Strömung sowie der Entmischung von Flüssigkeit und Gas lassen sich umgehend besichtigen: Der Schaum steigt im Glas, erreicht alsbald den Rand und strömt solange gnadenlos auf den Tisch, bis die Flasche leer ist. „Der Schaum pflanzt sich adiabatisch nach unten fort“, kommentiert Hartmut Seyfried wissenschaftlich exakt „diese Sauerei“.

 

„Fluid- und gasdynamische Grundlagen des korrekten Ausschanks von Hefeweißbier – ein Experimentalabend“ hat der emeritierte Professor für Geologie und Planetologie der Uni Stuttgart seinen Vortrag in der Stuttgarter Gaststätte Rosenau genannt. Es ist bereits der dritte Vortrag in der Reihe „Science Pub“, die von der Gesellschaft für Naturkunde, dem Naturkundemuseum und dem Klett-Mint-Verlag veranstaltet wird. „Wissenschaft ist viel zu schade, um sie in Hörsälen, Laboren und Museen versauern zu lassen. Deshalb gehen wir dahin, wo die Menschen sind – in die Kneipe“, beschreibt Ulrich Schmid, der stellvertretende Direktor des Stuttgarter Naturkundemuseums, das Ziel.

Wissenschaftlich fundiert und trotzdem amüsant

Hartmut Seyfried ist dies mit seinen wissenschaftlich fundierten, gleichwohl sehr amüsanten Ausführungen hervorragend gelungen. Immerhin hat er sich diesem Thema als Geologe intensiv „im harten Training im Gelände während des Studiums und im Beruf genähert“, wie Schmid anmerkt. Und diese Expertise ist nicht zu verkennen, wenn der Professor über laminar und turbulente, unter- und überkritische Strömungen sowie gasdynamische Vorgänge in Flüssigkeiten referiert.

Besonders interessant sind dabei die wirklich heftigen Ereignisse: So lassen sich zum Beispiel laminar-überkritische Strömungen hautnah erleben, wenn man am Strand „mit der Nase im Sand“ eine große Welle über sich ergehen lässt. Und überkritisch-turbulente Ereignisse kommen in jedem Bergbach vor. Sie müssen aber auch in der Bierflasche erzeugt werden, wenn am Ende des Eingießvorgangs die am Flaschenboden abgelagerte Hefe wirkungsvoll aufgeschüttelt werden soll. Zuvor allerdings sollte das Bier in einer möglichst laminaren Strömung langsam ins Glas fließen. Erst dann folgt die mit einem Rest Bier überkritisch-turbulent aufgeschüttelte Hefe. Und nun kommt Hartmut Seyfried richtig ins Schwärmen: „Wenn diese Suspension einzelliger Pilze dann arschbombenmäßig im Bierglas nach unten sinkt, dann ist dies doch ein wirklich sinnliches Vergnügen.“ Das sehen auch seine Zuhörer so – und klatschen vehement Beifall.