Die Produzentin und DJane Maya Jane Coles ist, was das Line-up betrifft, einer der Höhepunkte auf dem diesjährigen Elektrofestival SEMF. Die Britin entwickelt sich derzeit zum Shooting Star der globalen House-Szene.

Stuttgart - Sie hat über 240.000 Facebook-Fans, ihre Durchbruch-Single “What They Say” aus dem Jahre 2010 liegt bei knapp 2,8 Millionen Clicks bei Youtube, sie ist 26, geborene Londonerin, ein Elternteil britisch, einer japanisch: Maya Jane Coles ist seit drei Jahren die Frau schlechthin im globalen Underground-House-Zirkus. Und für nicht wenige ist die Dame eines der Booking-Highlights auf dem diesjährigen SEMF (Floor 2, Spielzeit von 0:30 bis 2:30 Uhr). Aus diesem Anlass sprachen wir mit ihr über Frauen und DJing, ihr erstes Album “Comfort” und das deutsche Partyvolk.

Weißt du irgendetwas über Stuttgart?
Bislang nicht wirklich viel. Es ist mein erster Besuch und ich bin sehr gespannt.

Das SEMF ist zwischenzeitlich eines der größten deutschen Indoor-Festivals in diesem Musikbereich. Was hast Du für Erwartungen?
Ich habe mir natürlich das Line-Up angeschaut und das sieht richtig gut aus. Ich bin mir sicher, es wird großartig. Allerdings habe ich normalerweise nie besondere Erwartungen, wenn ich wo zum ersten Mal spiele. Ich gehe unvoreingenommen zum Gig und schau was passiert. Das hat sich bislang immer bewährt.

Was hast du allgemein in Deutschland für Erfahrungen gemacht? Feiern die Deutschen anders als andere Nationalitäten?
Die deutschen Partygänger sind definitiv um einiges entspannter als manch andere. Klar, gibt es darunter auch Durchgeknallte. Aber allgemein scheint da ein großer Respekt vor guten Djs zu herrschen.

Du bist dieses Jahr die einzige Frau auf dem SEMF-Festival. Gibt es so wenige weibliche DJs oder haben es Frauen schwerer in der Szene große Karriere zu machen?
Ich persönlich habe bislang keine Probleme gehabt. Natürlich wünsche ich mir mehr Frauen auf großen Festivals, aber ich denke nicht, dass der Durchbruch für Frauen schwerer ist. Es gibt einfach weniger Frauen, die sich für das DJing entscheiden, als Männer. Ich finde aber das Verhältnis ist in der letzten Zeit schon etwas ausgeglichener als noch vor zehn bis 15 Jahren.

Wenn du zurückblickst: War es zu Beginn deiner Laufbahn ein Vorteil oder ein Nachteil eine Frau zu sein?
Ich sehe das einfach so: So lange du gut bist in dem was du tust, eine klare Vision hast und ein starkes Selbstwertgefühl, ist es egal, ob du männlich oder weiblich bist.

Wenn man mit DJs, auch mit weiblichen, über das Thema spricht, gibt es zwei Theorien. Die eine besagt, dass es leichter ist, als Frau bekannt zu werden, weil es immer noch etwas besonderes ist. Die andere besagt, dass Frauen sich doppelt anstrengen müssen, wie z.B. bei der Technik, als dem Mixen etc. Sonst heißt es gleich wieder: Jaja, Frauen und Technik...
Ich denke, es ist einfach nur dumm, wenn die Leute im Jahr 2013 immer noch so einen Blödsinn reden.

 

Hast du jemals schlechte Erfahrung gemacht?
Nein, abgesehen von den schrägen Gaffer nicht. Scheint eine Männersache zu sein, weil man sieht nicht wirklich Frauen männliche DJs angaffen (das lassen wir jetzt mal so stehen..., d. Red.).

Was denkst du, wenn du Paris Hilton in der DJ-Kanzel siehst?
Wenn Paris ein DJ sein will, dann soll sie das tun. Sie hat Geld, sie kann machen was sie will. Wer sich von Show-Business-DJs bedroht fühlt, kann es selbst mit dem DJing nicht allzu ernst meinen!

Immer öfters stellen sich Frauen auch oben ohne ans Pult....
Nur zu, wenn man Stripper ist und auflegen will. Für mich persönlich zählt ausschließlich die Musik und denke nicht, dass man als echter Künstler seine Titten zeigen muss, um Aufmerksamkeit zu bekommen.

Gibt es für dich weibliche DJ-Vorbilder?
Sehr viele, aber Frauen wie z.B. Miss Kittin, Sister Bliss oder Ellen Allien, die allesamt schon sehr lange dabei sind, inspirieren mich am meisten.

Du bist auf dem besten Weg dahin, zu diesen starken Persönlichkeiten aufzuschließen. Der Name deines Labels “I / Am / Me” suggeriert jedenfalls, dass du gerne unabhängig bist.
Es sollte einfach klar sein, dass ich wirklich alles alleine stemme. Ich wäre fast den Weg über Major Labels gegangen, weil ich dachte meine Karriere wäre schon soweit. Aber die Majors waren zu dieser Zeit dann doch nicht das Richtige für mich. Ich dachte, wenn ich schon das Album auf einem Indie-Label herausbringe, dann mach ich das gleich selbst. Und so kam der Name “I / AM / Me” zustande und es ergab sich eines zum anderen.

Warum ist dein Debütalbum “Comfort” so melancholisch geworden?
Ich kann das nie so genau sagen, wie meine Musik zustande kommt. Ich setze mich nicht hin und sag mir, okay, ich versuche einen Track so oder so zu produzieren. Ich spiele nur die Melodien, die mir durch meinen Kopf schwirren und davon hat das meiste, denke ich, schon einen melancholischen Vibe. Melancholische Musik berührt einfach mehr und begleitet einen länger als fröhliche Musik, finde ich zumindest.

War “Comfort” von Beginn an als Song-Album geplant?
Ich hatte in der Vergangenheit ziemlich viele Möglichkeiten cluborientierte Tracks auf verschiedenen Dance-Labels zu veröffentlichen, aber nicht so viele, mein Song-Material unters Volk zu bringen. “Comfort” war somit die Chance, den Leuten eine Seite von mir zu zeigen, die sie noch nicht gehört haben.

Zeigt uns also “Comfort” die echte Maya Jane Coles?
Ja, aber alle meine Musik ist “echt”. Ich würde nie etwas veröffentlichten, das es nicht ist. Es sind eben verschiedene Projekte und Releases für verschiedene Gemütszustände.

Du spielst mittlerweile auf der ganzen Welt, deine Produktionen werden geschätzt, du hast wie gesagt ein eigenes Label gegründet. Seit deinem Durchbruch vor drei Jahren scheint deine Karriere sehr rasant zu verlaufen. Denkst du manchmal: zu rasant? Was motiviert dich am Ball zu bleiben?
Nein, das denke ich nicht. Ich mache seit elf Jahren Musik und für mich geschieht das alles in einem vernünftigem Tempo. Ich habe glücklicherweise sehr jung angefangen und hatte ziemlich viel Zeit meinen Sound zu definieren und darüber nachzudenken, was ich als Künstlerin wirklich will. Mein Durchbruch kam genau zur richtigen Zeit. Fünf Jahre später wäre ich eventuell weniger motiviert gewesen und vielleicht auch etwas entmutigt. Und meine Motivation ist meine Leidenschaft Musik zu machen! Dieses Verlangen habe ich ständig und wenn ich nicht kreativ bin, bin ich frustriert.

Maya Jane Coles “Comfort” ist bereits erschienen