Die Staatsanwaltschaft soll gegen einen Ex-Geschäftsführer der Augustinum ermitteln. Die Unternehmensgruppe betreibt auch in Stuttgart zwei Seniorenheime.

Stuttgart - Ein beunruhigender Brief hat an Pfingsten die Bewohner von Seniorenunterkünften erreicht, die in Stuttgart und bundesweit von der kirchennahen Unternehmensgruppe Augustinum betrieben werden. In dem Rundschreiben der beiden Geschäftsführer, das der Stuttgarter Zeitung vorliegt, ist von betrügerischen Machenschaften die Rede, von krimineller Energie und einem „offenbar von langer Hand geplanten Betrug“, welchem die Unternehmensgruppe zum Opfer gefallen sei. Das Augustinum betreibt bundesweit 23 Seniorenhäuser mit etwa 7400 Bewohnern, darunter eines am Stuttgarter Killesberg und eines in Sillenbuch.

 

Der Brief der Geschäftsführer Markus Rückert und Joachim Gengenbach folgte auf einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ vom 23. Mai. Dem Bericht zufolge ermittelt die Staatsanwaltschaft München wegen des Verdachts auf Betrug und Korruption gegen einen ehemaligen Geschäftsführer des Konzerns und drei weitere Geschäftsleute.

Häuser sollen unter Wert verkauft worden sein

Auf Anfrage der Stuttgarter Zeitung wollte sich die Münchner Zentrale der Unternehmensgruppe nicht äußern. Das Augustinum verwies aber auf die Berichterstattung in der „Süddeutschen Zeitung“. Deren Darstellung entspreche aus Sicht des Unternehmens „weitgehend den Tatsachen“. Der entsprechende Artikel wurde für die Bewohner im Empfang der Häuser ausgelegt. In den Stuttgarter Seniorenheimen wohnen etwa 2000 Menschen. Einen Kontakt zum dem die Bewohner repräsentierenden Heimbeirat wollte man in keinem der Häuser herstellen.

Die Hintergründe sind kompliziert: Das Augustinum verkaufte zwischen 2010 und 2013 elf seiner 23 Seniorenstifte an eine wenig bekannte Firma aus Norddeutschland – und gewährte dieser ein Darlehen über 728 Millionen Euro für den Kauf eben dieser Immobilien. Die Häuser wurden vom Augustinum dann angemietet. Laut einem weiteren Artikel der „Süddeutschen Zeitung“ besteht der Verdacht, dass die Häuser weit unter Wert verkauft wurden. Auch sollen Dokumente, welche die Immobilienfirma als seriöses und finanzkräftiges Unternehmen ausweisen sollten, falsche Angaben beinhaltet haben. Der Deal sei aufgrund einer Zahlung von Bestechungsgeldern an Verantwortliche des Augustinum zustande gekommen, schreibt die „Süddeutsche Zeitung".

Verdacht auf Schmiergeldzahlungen

Laut dem Blatt soll ein Akteur mitverantwortlich sein, der in Baden-Württemberg nicht unbekannt ist: Der Biberacher Rechtsanwalt Artur Maccari. Der Senator h.c. saß im Aufsichtsrat mehrerer Gesellschaften. Bis zu seinem Tod im Januar 2014 war er Aufsichtsratsvorsitzender des Augustinums – und trieb den Immobilienverkauf energisch voran. Wie das Augustinum gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ bestätigte, präsentierte Maccari einen in der Schweiz ansässigen Vermittler für den Verkauf der Immobilien, der eine hohe Provision kassierte. Einen Teil der fast 40 Millionen Euro Provision soll Maccari selbst erhalten haben, einen anderen Teil der Ex-Geschäftsführer, gegen den die Staatsanwaltschaft München nun ermitteln soll. Maccaris Familie hat wegen Ansprüchen mehrerer Gläubiger ein Nachlassinsolvenzverfahren eingeleitet.

Glaubt man dem Rundbrief der Geschäftsführung, müssen sich die Bewohner keine Sorgen machen: Der Bestand des Augustinum sei nicht gefährdet und die Vorgänge könnten „keine Begründung sein für aktuelle und künftige Pensionspreisanpassungen.“ Auch halte man die geschlossenen Immobilienverträge für „weitgehend nichtig“ und wolle sie rückabwickeln.

Die Staatsanwaltschaft München bestätigte auf Anfrage lediglich, dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr eingeleitet worden sei. Zu den Beschuldigten und den relevanten Summen wolle man sich aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht äußern.