In einer Serie stellen wir Berufe am Theater vor. Heute: die Regieassistentin Bibi Deibler.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Feuerbach - Das wichtigste Arbeitsinstrument eines Regieassistenten sind Bleistift und Radiergummi“, sagt Bibi Deibler. Und sie muss es wissen: Seit sieben Jahren unterstützt sie Regisseure am Theaterhaus bei deren Arbeit. Mit dem Bleistift notiert sie sämtliche Textänderungen oder Bewegungsabläufe, die ein Regisseur bei den Proben vornimmt, in das sogenannte Regiebuch. Mit dem Radiergummi macht sie vieles wieder rückgängig. „Oft werden die Seiten irgendwann ganz dünn vom vielen Radieren. Man ändert so lange, bis es sich so anfühlt, dass es passt“, sagt die 30-Jährige.

 

Während der Probenphase, die meistens zwischen sechs und acht Wochen dauert, ist die Regieassistentin die rechte Hand des Regisseurs. „Ich halte ihm den Rücken frei, damit er sich auf die künstlerische Arbeit konzentrieren kann“, sagt Bibi Deibler. Sie erinnert daran, dass Zeit für eine Pause ist, lässt frische Luft in den Probenraum, übt mit den Schauspielern die Texte, erstellt Probenpläne oder spricht mit den verschiedenen Abteilungen Termine ab. „Ich bin das Bindeglied zwischen dem Regisseur und dem Haus.“ Besonders wenn Gastregisseure inszenieren, die sich in den verschiedenen Abteilungen nicht gut auskennen, sei diese Aufgabe wichtig.

Mit dem Team denken

Die Herangehensweise des Regisseurs und des Assistenten ist grundverschieden: „Der Regisseur denkt von außen, ich betrachte das Bühnengeschehen eher aus der Sicht des Teams“, sagt Bibi Deibler. Sprich: Wenn ein Schauspieler einen langen Monolog halten soll, überlegt sie sich, wo sie Hustenbonbons für ihn herbekommt. Wirklich künstlerisch arbeite ein Regieassistent nicht. Natürlich könne sie Vorschläge machen, letztlich habe aber immer der Regisseur das letzte Wort. „Er bestimmt, wie etwas auf die Bühne kommt. Meine Aufgabe ist es, das zu erhalten.“

Besonders zum Tragen kommt diese Rolle, wenn mit der Premiere die Arbeit des Regisseurs endet. Dann übernehmen Bibi Deibler und ihre Kollegin die Abendbetreuung der Stücke. Eine von beiden ist bei jeder Aufführung vor Ort und geht bei Bedarf mit den Schauspielern noch einmal den Text durch, besorgt noch schnell ein Wasser für trockene Kehlen oder bespricht kleine Fehler aus der vorangegangenen Vorstellung. Schleifen sich mit der Zeit Änderungen bei einem Stück ein, wägt die Regieassistentin ab: „Man bekommt ein Gespür dafür, ob es passt. Die Stücke dürfen leben, die Figuren entwickeln sich.“ Wird eine Rolle neu besetzt, ist sie es, die den Schauspieler einweist.

Im Notfall wird souffliert

Während der Aufführung sitzt die Regieassistentin entweder hinten bei der Technik oder, wenn es ein kompliziertes Stück erfordert, in der ersten Reihe, um notfalls zu soufflieren. „Das ist aber eher die Ausnahme. Meine Schauspieler sind sehr gut vorbereitet. Oder sie können sich gegenseitig auf die Sprünge helfen und einen Hänger überspielen“, sagt sie. Trotzdem sei es manchmal gut für die Akteure, die Souffleuse als Anker zu haben. Manchmal genüge schon ein Kopfschütteln, wenn ein Schauspieler mit einer falschen Textzeile ansetze. Manchmal muss sie aber auch den vergessenen Satz laut ansprechen. Erst neulich bei einer Vorstellung von „Die zwölf Geschworenen“ rief sie einem Schauspieler die vergessene Textzeile zu: „Ich bring’ dich um“. „Da haben mich die Zuschauer neben mir ganz komisch angeguckt“, erzählt sie und lacht.

Zum Glück nicht oft, doch hin und wieder passieren auch größere Katastrophen. Einmal habe eine ganz entscheidende Requisite auf der Bühne gefehlt. Heimlich schrieb sie einem Schauspieler hinter der Bühne eine SMS, der das Utensil dann unauffällig an Ort und Stelle platzieren konnte. „Da ging mir aber kurz die Düse“, sagt die 30-Jährige. Ihr schlimmstes Erlebnis war, als ein Schauspieler zu einer Vorstellung nicht erschien. Wenn mehr Vorlauf als eine halbe Stunde gewesen wäre, hätte man die Rolle noch umbesetzt. Doch so wurde Bibi Deibler selbst kurzerhand in ein Kostüm gesteckt und musste mitsamt ihrem Textbuch auf die Bühne. „Es hat ganz gut funktioniert, die Schauspieler haben mir großartig geholfen und mich durchgetragen“, erinnert sie sich. „Aber ich bin halt keine ausgebildete Schauspielerin.“ Beim Sprechen habe sie habe sich an den Rat gehalten: lieber laut und falsch als leise und richtig. Ihr Fazit: „Es war eine super schöne Erfahrung, aber ich möchte es nicht noch mal machen.“ Ihr Part sei hinter und nicht auf der Bühne. Ihr Kostüm gibt es aber nach wie vor – für alle Fälle.