Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Zurück im Ortskern: In Kerns Gaststätte gibt es keine Spielautomaten, keinen Fernseher. „Die Leute sollen sich hier unterhalten. Wir wollen das traditionell halten. Es gibt gute Getränke und hausgemachtes schwäbisches Essen. Wie in einer Dorfwirtschaft. Stammheim ist ja auch ein großes Dorf, das gefällt mir,“ sagt Kern und wird von einem Gast flankiert: „Aber Stuttgart ist immer noch das größte Dorf,“ ruft dieser durch den Gastraum. Für manch einen ist auch mal das Wirtshaus „Zum Löwen“ die Endstation des Tages.

 

„Stammheim ist eine Sackgasse“

Wie in einem früheren Dorf wird in Stammheim noch großen Wert auf die Mittagspause gelegt. Die Öffnungszeiten vieler Läden scheinen mit ihrer Mittagspause, die teilweise von 12:30 bis 15 Uhr geht, aus der Zeit gefallen. In der Apotheke an der Hauptstraße hat man sich an modernen Zeiten orientiert und auch um 13:12 Uhr geöffnet. Und das obwohl deutlich weniger Kunden in die Apotheke kommen als noch vor einigen Jahren. Laut Apothekenbesitzer Frank Schmitz sind in den letzten Jahren gleich drei Ärzte aus Stammheim abgegangen, das wirke sich auch auf den Kundenfluss in seiner Apotheke aus, der seither geringer sei.

Selbst in diesem Stuttgarter Stadtteil wohnen wolle er nicht. „Was gibt es hier?“, fragt er rhetorisch. „Stammheim ist eine Sackgasse, es gibt fast nichts Schönes an dem Ort, es gibt keine schöne Altstadt oder einen zentralen Platz wo man sich trifft. Hinter dem Gefängnis ist Schluss,“ lautet sein Urteil.

Er selbst wohne in Kirchheim/Teck und habe noch nie ernsthaft darüber nachgedacht nach Stammheim zu ziehen. Er ziehe es vor jeden Tag mehr als eine Stunde zu fahren, als in der Nähe seiner Apotheke zu wohnen. „Dafür ist es in Kirchheim zu schön. Da pendle ich lieber jeden Tag“, so Schmitz. Die gute Anbindung mit der Stadtbahn schätzt aber auch er. „Das ist beinahe das einzig Gute an Stammheim“, sagt er.

Eigenes Lied für die Straßenbahnverbindung nach Stammheim

Am 13. Mai 1950 wurde die Straßenbahnverbindung nach Stammheim als erste Neubaustrecke der Stuttgarter Straßenbahnen eröffnet, die Linie 5 übernahm auf der Strecke von Stammheim nach Möhringen den Betrieb. Es war diese Linie, die den schwäbischen Sänger und Stammheimer Wolfgang (Wolle) Kriwanek zu seinem „Stroßaboh“-Lied inspirierte.

Ob manch ein Insasse zum Haftantritt mit der Bahn kommt? „Die meisten Häftlinge werden von der Polizei gefasst und direkt hierher transportiert“, sagt Winkler. Trotzdem: „Es ist für jedes Gefängnis wichtig, dass es eine gute Verbindung zu öffentlichen Nahverkehrsmitteln gibt. Vor allem für die Angestellten und Besucher ist es super, dass man mit der Stadtbahn sehr schnell hier und wieder in der Stadt ist.“ 300 Angestellte hat die JVA, die jeden Tag zur Arbeit und zurück müssen, hinzu kommen die Anwälte der Gefangenen sowie die durchschnittlich 20 Besucher pro Tag.

Ob die Häftlinge nach dem Absitzen ihrer Haftstrafe mit der Bahn zurück in die Freiheit fahren? „Das wissen wir nicht. Für uns endet der Kontakt an der Pforte“, meint Winkler trocken.

Zwischen Dorfkneipe und Altenheim

Zurück im Ortskern: In Kerns Gaststätte gibt es keine Spielautomaten, keinen Fernseher. „Die Leute sollen sich hier unterhalten. Wir wollen das traditionell halten. Es gibt gute Getränke und hausgemachtes schwäbisches Essen. Wie in einer Dorfwirtschaft. Stammheim ist ja auch ein großes Dorf, das gefällt mir,“ sagt Kern und wird von einem Gast flankiert: „Aber Stuttgart ist immer noch das größte Dorf,“ ruft dieser durch den Gastraum. Für manch einen ist auch mal das Wirtshaus „Zum Löwen“ die Endstation des Tages.

„Stammheim ist eine Sackgasse“

Wie in einem früheren Dorf wird in Stammheim noch großen Wert auf die Mittagspause gelegt. Die Öffnungszeiten vieler Läden scheinen mit ihrer Mittagspause, die teilweise von 12:30 bis 15 Uhr geht, aus der Zeit gefallen. In der Apotheke an der Hauptstraße hat man sich an modernen Zeiten orientiert und auch um 13:12 Uhr geöffnet. Und das obwohl deutlich weniger Kunden in die Apotheke kommen als noch vor einigen Jahren. Laut Apothekenbesitzer Frank Schmitz sind in den letzten Jahren gleich drei Ärzte aus Stammheim abgegangen, das wirke sich auch auf den Kundenfluss in seiner Apotheke aus, der seither geringer sei.

Selbst in diesem Stuttgarter Stadtteil wohnen wolle er nicht. „Was gibt es hier?“, fragt er rhetorisch. „Stammheim ist eine Sackgasse, es gibt fast nichts Schönes an dem Ort, es gibt keine schöne Altstadt oder einen zentralen Platz wo man sich trifft. Hinter dem Gefängnis ist Schluss,“ lautet sein Urteil.

Er selbst wohne in Kirchheim/Teck und habe noch nie ernsthaft darüber nachgedacht nach Stammheim zu ziehen. Er ziehe es vor jeden Tag mehr als eine Stunde zu fahren, als in der Nähe seiner Apotheke zu wohnen. „Dafür ist es in Kirchheim zu schön. Da pendle ich lieber jeden Tag“, so Schmitz. Die gute Anbindung mit der Stadtbahn schätzt aber auch er. „Das ist beinahe das einzig Gute an Stammheim“, sagt er.

Eigenes Lied für die Straßenbahnverbindung nach Stammheim

Am 13. Mai 1950 wurde die Straßenbahnverbindung nach Stammheim als erste Neubaustrecke der Stuttgarter Straßenbahnen eröffnet, die Linie 5 übernahm auf der Strecke von Stammheim nach Möhringen den Betrieb. Es war diese Linie, die den schwäbischen Sänger und Stammheimer Wolfgang (Wolle) Kriwanek zu seinem „Stroßaboh“-Lied inspirierte.

„Bloß dr Fünfer bringt me hoim, I muß di Strassaboh no krieaga, denn laufa will I net“, singt Kriwanek in seinem Straßenbahn-Hit. Seit 2007 fährt zwar nicht mehr die Fünf, sondern die U15 den Stuttgarter Stadtteil an, aber an der Grundaussage des Schwabenrockers hat sich wohl bis heute nichts geändert. „Wir wohnen gerne hier. Aber ohne die Stadtbahn wäre es fast undenkbar. Wir gehen gerne in die Stadt, in die Wilhelma oder ins Museum. Mit dem Auto kann das schon mal drei bis viermal so lange dauern, bei dem Verkehr“, sagt ein junger Mann. Er hat gerade seine Tochter von der Schule mit dem Skateboard abgeholt. Sie wohnen gerne hier, weil es so ruhig sei.

Endstation Endhaltestelle

Ruhe und Abwechslung mit der Bahn

Etwa 12.000 Menschen leben in Stammheim. Einige davon auch im Luise-Schleppe-Haus, ein Seniorenzentrum, das Teil des Stammheimer Generationenhauses ist. Einen Steinwurf von der Haltestelle entfernt. Hier sind 110 Senioren untergebracht, in die dazugehörige Kindertagesstätte gehen täglich 70 Kinder. „Die Anbindung mit der Straßenbahn ist auch für uns sehr wichtig“, sagt Heimleiter Ronny Martin und lobt die Barrierefreiheit der Stadtbahn, die es zuvor nicht gab.

„Wir machen viele Ausflüge mit den Bewohnern oder mit den Kindern und nutzen dafür die Stadtbahn. Auch für unsere Mitarbeiter ist das wichtig, es wohnt ja nicht jeder in Stammheim oder hat ein Auto, das ist sogar ein Thema bei Bewerbungsgesprächen“, so Martin. Wer hier wohnt, schätze die kurzen Wege in Stammheim, den Zusammenhalt und – die Ruhe des Stadtteils.

Eine junge Studentin aus Bamberg, die für ein Bewerbungsgespräch in der JVA angereist ist und gerade aus der ankommenden Bahn aussteigt, braucht nicht lange, um die Abgeschiedenheit in Stammheim zu realisieren. Sie bewirbt sich als Psychologin für ein Praktikum und ist zu früh dran. „Ich wollte hier noch einen Kaffee trinken, aber jetzt bleibe ich einfach an der Bahnstation sitzen. Hier gibt’s ja nicht so viel“, sagt die 25-Jährige. Wenn es mit dem Praktikum klappen sollte, will sie auf jeden Fall irgendwo in Stuttgart-Mitte oder -West wohnen. Vielleicht auch Süd oder Ost. Aber sicher nicht in Stammheim.