Am Freitag startet das Bayerische Fernsehen den „Schleudergang“. Gisela Schneeberger brilliert darin als unangenehme Frau im besten Alter – vorerst leider nur in sechs Folgen.

Stuttgart - Man müsse nur über den Münchner Viktualienmarkt spazieren und hinter die Scheiben des Nymphenburg-Zeltes lugen. Dort könne man sie besichtigen, sagt die Schauspielerin Gisela Schneeberger, all die Geschäftsfrauen, die schon vormittags Prosecco trinken. Sehr elegant, sehr geschmückt, sehr bunt vom Teint bis zur Schuhsohle. Und in genau so eine Frauenrolle ist sie geschlüpft.

 

In der neuen bayerischen Miniserie „Im Schleudergang“ dreht sich alles um die von der Schneebergerin gespielte Geschäftsfrau Christa Bachmeier. Sie betreibt in Schwabing eine Wäscherei und vermietet Wohnungen. Eine unabhängige Frau im besten Alter und ausgesprochen unangenehm dazu, schaltet sie doch blitzschnell von schnippisch auf freundlich um. „Mit ihr würde ich nicht zusammenleben wollen“, sagt selbst die Hauptdarstellerin. Rücksichtslos trampele sie durchs Leben und mache alles so, dass es ihr passt. „Sie manipuliert sehr schlau und hat gar nicht das Gefühl, dass an ihr etwas falsch ist.“

Leidtragende dieser robusten Natur ist Christas Tochter Sieglinde (Judith Richter). Die beiden haben ein furchtbares Verhältnis. Sieglinde ist krank, aber man weiß nicht, warum. Vielleicht ist sie durch ihre Mutter so ein Nervenbündel geworden. Doch wer gehört wirklich auf die Couch? Mutter und Tochter pflegen ihre Neurosen. Jede Annäherung ist zum Scheitern verurteilt. Denn gut gemeint ist hier gleichbedeutend mit falsch gesagt. Und so endet jede Versöhnung im Streit.

Sehr realistisch und sehr unterhaltsam

„Es ist nichts geschönt“, sagt Gisela Schneeberger über den Stoff, den sie und der Autor Peter Bradatsch sich ausgedacht haben. Die rosarote Brille, die Fernsehredakteure ihren Autoren sonst gerne aufzwingen, wurde nicht aufgesetzt. Und so sind Geschichten entstanden, die wie aus dem Leben gegriffen sind. Sehr realistisch und doch beste Unterhaltung.

Es fällt leicht, Bradatsch und Schneeberger als eines der besten Arbeitspaare im Fernsehen zu bezeichnen. Schon bei „Franzi“, der Vorgängerserie, war Bradatsch der Autor und Schneeberger sein Star als Mutter der Titelheldin. Als sich abzeichnete, dass nach der vierten Staffel Schluss sein würde, setzten sie sich wieder zusammen. Die Idee für den „Schleudergang“ kam im Schwabinger Lokal Atziger. Um jeglichen Verdacht einer Schnapsidee auszuräumen, sagt Schneeberger, dass sie sich bei den Treffen regelmäßig einen Pfefferminztee bestelle: „Aber nie einen zweiten. In der Zeit, in der ich den ersten trinke, haben wir schon alles besprochen. Peter bleibt dann sitzen und schreibt weiter.“

Was Bradatsch zu Papier bringt, sitzt bis zur letzten Atempause. Die Drehbücher sind Kunstwerke, die wie Prosecco perlen. Alles wirkt leicht dahingeschrieben und folgt doch einem festen Rhythmus. Sie habe gebüffelt wie noch nie in ihrem Leben, damit der Text sitzt, sagt Gisela Schneeberger, die „Im Schleudergang“ kongeniale Partner an ihrer Seite weiß. Da ist zum Beispiel Freddy, von Gerd Anthoff mit grandios ondulierter Haarwelle und spießiger Heimlichtuerei gespielt. Freddy ist Friseur und eigentlich geschieden. Frei fühlt er sich trotzdem nicht, was ihn aber nicht davon abhält, jeden Montag mit Christa bei Thermoskanne und Plätzchen im Hotel Gockel ein Schäferstündchen abzuhalten. Oder Max, der ziemlich heruntergerockte Opernsänger. Udo Wachtveitl trägt mit Boxershorts und Seidentuch eine Komik in diese traurige Gestalt hinein, die man dem „Tatort“-Kommissar nicht zugetraut hätte.

Paroli bieten kann dieser Christa eigentlich nur ihre Angestellte und engste Vertraute Gitti (Maria Peschek). Sie weiß stets, was Sache ist im Mutter-Tochter-Clinch oder im „Gewurschtel“ mit dem verdrucksten „Haarschneider“. All das kann man vorerst leider nur in sechs Folgen besichtigen.