Anhänger der Low-Carb-Diät essen kaum Kohlenhydrate. Dafür ist Fleisch in rauen Mengen erlaubt. Wissenschaftler warnen vor einseitiger bis hin zu Mangelernährung. Aber wie von fast jeder anderen Diät kann man sich auch hier einige Ideen für eine gesündere Lebensweise abschauen.

Leben: Ricarda Stiller (rst)

Stuttgart - Hollywood-Stars warben schon in den 90er Jahren für eine Diät, bei der weitgehend auf Kohlenhydrate verzichtet wird. Eiweiß und Fett sind dagegen in erstaunlich großen Mengen erlaubt. Zu einseitig und zu fetthaltig sagen seither Ernährungswissenschaftler und warnen vor den sogenannten Low-Carb-Diäten, die auch unter dem Namen ihres Erfinders Robert C. Atkins bekannt sind. Carb steht für „carbohydrates“ (Kohlenhydrate). Abwandlungen dieser Diät sind bis heute beliebt, obwohl der große Boom in den USA bereits seit zehn Jahren vorüber zu sein scheint. Die Metabolic-Balance-Diät zählt ebenfalls zu den kohlenhydratreduzierten Ernährungsformen, auch wenn die Erfinder sie nicht als reine Diät begreifen. Sie gehen von einem ins Ungleichgewicht geratenen Stoffwechsel aus, der wieder in Balance zu bringen sei, damit sich Blutwerte und Gewicht normalisierten.

 

Der Grund, weshalb immer wieder viele Übergewichtige es mit Low-Carb-Diäten versuchen, ist leicht nachzuvollziehen. Man nimmt damit schneller ab als mit anderen Methoden. Allerdings könne sich diese Diätform negativ auf den Stoffwechsel auswirken, warnen Wissenschaftler. Zudem muss das Herz-Kreislauf-System beobachtet werden. Wer zu hohen Blutdruck hat, sollte besonders vorsichtig sein und erst mit seinem Arzt besprechen, ob diese Diät für ihn geeignet ist.

Atkins-Diät ist potenziell gesundheitsschädlich

Vor der Urform der Low-Carb-Diät, der Atkins-Diät in Reinform, wird generell abgeraten. Vor allem weil es ihr an Obst sowie an Gemüse und somit an wichtigen Vitaminen mangelt. Die Experten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE bewerten die Atkins-Diät als zu radikal, zu einseitig und potenziell gesundheitsschädlich.

Bei einer Studie aus dem Jahr 2012 mit mehr als 40 000 schwedischen Frauen zeigte sich, dass Low-Carb ihr Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko deutlich steigerte. Dies wird vor allem auf den hohen Konsum roten Fleischs zurückgeführt, vor dem Ernährungswissenschaftler immer wieder warnen. Im Fachmagazin „British Medical Journal“ schrieb seinerzeit die Medizinprofessorin Pagona Lagiou, dass das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in dem Maße steige, je eiweißreicher und kohlenhydratärmer man sich ernähre. Die Frauen wurden über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren für diese Studie befragt. Das Ergebnis: das Risiko steige immer weiter, je mehr Protein und je weniger Kohlenhydrate man zu sich nehme. Dabei machte es kaum einen Unterschied, ob die Eiweiße eher aus pflanzlichen oder aus tierischen Nahrungsmitteln stammten.

Kohlenhydrate gehören neben Fett und Eiweiß zu den Hauptbestandteilen unserer Nahrung und werden vom Körper insbesondere zur kurzfristigen Energiegewinnung genutzt. Braucht der Körper gerade wenig oder keine Energie, wandelt er die Kohlenhydrate allerdings in Fett um. Wer eine gemäßigte Low-Carb-Diät wählt und gleichzeitig auf ausreichend Vitamine sowie auf Sport und Bewegung achtet, kann gute Erfolge erzielen, ohne dabei seine Gesundheit zu gefährden.

Achtung: Jo-Jo-Effekt

Wie bei jeder Diät besteht aber auch bei Low-Carb die Gefahr des Jo-Jo-Effekts. Eben weil man über einen längeren Zeitraum auf vieles verzichtet. Wer über Wochen oder Monate hinweg weder Brot noch Nudeln, weder Kartoffeln noch Reis zu sich nimmt, bei dem kann der Heißhunger auf kohlenhydratreiche Nahrungsmittel wie Pommes, belegte Brote oder Chips derart zuschlagen, dass am Ende nicht viel gewonnen ist, wenn man eine solche Diät nur für einen begrenzten Zeitraum anwendet.

Allerdings kann man von fast jeder Diät einiges lernen, was man dann dauerhaft in seine Ernährungsgewohnheiten übernimmt. Schaut man sich beispielhaft die „goldenen Low-Carb-Regeln“ an, wie man sie auf www.lowcarb-ernaehrung.info findet, wird schnell deutlich, was davon gut übernommen werden kann. So wird einem für den Anfang geraten, sein Mittagessen wie gewohnt zuzubereiten und lediglich die kohlenhydrathaltigen Beilagen durch Gemüse zu ersetzen. Diese Regel zumindest kann man problemlos immer wieder anwenden, ohne jedoch gänzlich auf Kohlenhydrate zu verzichten.

Bei der nächsten Regel allerdings streiten sich die Ernährungsexperten: bei einer Low-Carb-Diät soll man nur drei mal am Tag essen – und das auch immer nur im Abstand von mindestens fünf Stunden. Ideal sei es, sagen Low-Carb-Fans, sein Frühstück um 8 Uhr, das Mittagessen um 13 Uhr und das Abendessen um 18 Uhr einzunehmen. Das heißt: kein Apfel zwischendurch, kein Snack am Nachmittag und natürlich keine Knabbereien abends auf dem Sofa. Den langen Abstand von fünf Stunden zwischen den Mahlzeiten hält nicht jeder durch. Und Heißhungerattacken sollte es in jeder Diät zu vermeiden gelten.

Letztlich ist es wie mit den meisten Diäten. Kurzfristige Erfolge sind fast immer zu erzielen. Langfristig hilft nur, seine Lebens- und Ernährungsgewohnheiten so umzustellen, dass man sich nicht zu einseitig ernährt. Die DGE betont, dass es darauf ankomme, auf die Qualität der Kohlenhydrate zu achten. Besser als die Kohlenhydrate aus Einfach- oder Zweifachzuckern (siehe 2. Seite) sind komplexe Kohlenhydrate, die vom Körper langsamer zerlegt werden und somit den Blutzuckerspiegel über längere Zeit stabil halten. Komplexe Kohlenhydrate sind zum Beispiel in Vollkorn- oder Sojaprodukten, in Hafer-, Dinkel-, Gersten- und Roggenflocken sowie in Obst und Gemüse enthalten. Dass der hohe Anteil an Kohlenhydraten von etwa 50 Prozent, wie er bei der typischen westlichen Ernährung vorliegt, etwas reduziert werden könnte, dem stimmen aber mittlerweile einige Ernährungswissenschaftler zu.

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Bisher in der Serie „Klug abnehmen“ erschienen: „Heilfasten als Schritt in ein gesünderes Leben“

Wofür brauchen wir Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette?

Kohlenhydrate
Sie machen einen Großteil unserer Ernährung aus und bestehen aus einzelnen oder miteinander verknüpften Zuckermolekülen und sind für die schnelle Energiegewinnung zuständig. Manche bezeichnen Kohlenhydrate auch als das Benzin des menschlichen Motors. Sie werden vom Körper zuerst abgebaut und liefern schnell viel Energie – ungefähr vier Kalorien pro Gramm.

Eiweiße
Proteine (Eiweiße) bestehen aus Aminosäuren und sind ein lebenswichtiger Baustein unseres Körpers. Zwölf von 20 Aminosäuren kann der Mensch selbst herstellen, acht muss er über Nahrung wie Fleisch, Fisch, Milch, Getreide, Kartoffeln, Nüsse oder Hülsenfrüchte aufnehmen. Der Mensch braucht sie, um Zellen, Muskelfasern, Organe, Hormone oder Blut herzustellen.

Fette
Davon essen die meisten Menschen in westlichen Ländern zu viel. Mit etwa neun Kalorien pro Gramm ist Fett der energiereichste Nährstoff. Allerdings sättigen Fette schlechter als Kohlenhydrate oder Eiweiße. Fett transportiert wichtige Vitamine und kann essenzielle Fettsäuren enthalten. Ungesättigte Fettsäuren sind gesünder als gesättigte, die vor allem in tierischen Fetten vorkommen