Annemarie Frohnmaier ist das Gesicht der Münchinger Awo. Ehrenamtlich engagiert sie sich seit Jahren vor allem für Senioren, aber auch für Kinder, und sitzt für die SPD im Gemeinderat.

Korntal-Münchingen - Annemarie Frohnmaier hat einen vollen Terminplan – trotz der Rente. Oder, besser: gerade deshalb. Sie ist das Gesicht des Münchinger Awo-Ortsverbands, der zahlreiche regelmäßige Angebote für die Senioren macht: die Sonntagstreffs, die Mittagessen immer zweimal pro Woche („da schnabulieren unsere Gäste ganz arg“), die Kaffeenachmittage, die montägliche Näh- und Strickstube oder die Seniorensportkurse. „Ich mag meine alten Leute, die sind mir so lieb und wert“, sagt sie – vielleicht, weil sie selbst ihre Eltern so früh verloren habe, überlegt sie. „Mittlerweile gibt es einen festen Stamm“, freut sie sich über rund 25 regelmäßige Gäste beim sonntäglichen Treff. Ihnen gefalle vor allem das gemeinsame Singen – und zum Beweis ihrer eigenen Künste stimmt sie kräftig die „Capri-Fischer“ an.

 

Seit 28 Jahren ist Annemarie Frohnmaier Mitglied der Arbeiterwohlfahrt. „Das kommt aus der SPD heraus, da gibt es gemeinsame Wurzeln“, sagt die 66-Jährige, die seit 1989 für die Sozialdemokraten auch im Gemeinderat sitzt. Diesen „Wurzeln“ steht sie seit 2005 vor, als Vorsitzende des Awo-Ortsvereins. „Ich wollte das eigentlich gar nicht machen, das war eher nur meiner Vorgängerin zuliebe.“

Und da gibt es noch mehr Menschen, denen sie Gutes tun will: Kinder. Neben verschiedenen Kreativ-, einem Englisch- und dem Kinotag-Angebot betreuen sie und ihre Mithelfer seit 2007 Schüler der Flattichschule über den Mittag, geben ihnen Snacks und Getränke aus – oder hören einfach mal den Storys vom Schulstress oder Liebeskummer zu. Seit Anfang dieses Jahrzehnts betreuen die Awo-Ehrenamtlichen zusätzlich Strohgäuschüler. Jeden Tag begleiten Ehrenamtliche die Jungen und Mädchen in die Mensa oder passen beim Toben auf dem Schulhof auf. Überhaupt: ohne die Helfer, das Team und den Ausschuss sei vieles nicht machbar. „Ich hab wirklich tolle Leute, die mitmachen.“

Und tolle Nutzer der Angebote. Die Arbeit mit den Kindern mit Förderbedarf sei „ganz schwer – und auch ganz leicht“, sagt sie. „Aber wenn mal das Vertrauen da ist, ist es wunderbar.“ Das könne aber dauern, weiß sie, so wie es auch für die Kinder nach dem Umzug der Strohgäuschule nach Korntal Startschwierigkeiten gab und die Awo-Helfer verstärkt gefragt waren.

Auch ein anderer Umzug hat schon die Organisationskünste und Geduld von Annemarie Frohnmaier gefordert. Bis zum vergangenen Jahr war die Awo mit ihren Angeboten im Alten Schulhaus beheimatet: „Das war problematisch, weil es nicht barrierefrei war“, erinnert sich Frohnmaier. „Unsere Besucher haben teils die Rollatoren die Treppe hochgeschleppt, aus Angst vor Diebstahl.“ Doch Frohnmaier fand eine Lösung: den Tausch mit dem Musikverein, der bis dahin in der Altenmietwohnanlage üben musste und nach neuen Proberäumen suchte. „Seit wir hier sind, ist die Arbeit umso besser.“

Doch die Awo ist nicht das einzige Engagement, auch wenn sie „jetzt eigentlich mein Leben bestimmt und mein Mann etwas klagt“: Frohnmaier leitet eine Betreuungsgruppe für Demenzkranke – ein gemeinsames Projekt mit dem Spitalhof. Und schon in den achtziger Jahren engagierte sie sich, gründete etwa die Nachbarschaftshilfe und sorgte für die Gründung des Jugendtreffs, nachdem Jugendliche bei ihr über fehlende Freizeitangebote klagten.

Woher ihr Engagement rührt? „I mog ganz arg Münchinga“, sagt das Vorstandsmitglied im Heimatverein Münchingen, und: „Ich möchte auch, dass es den Menschen in meiner Stadt gut geht.“ Viel rührt auch aus der Vergangenheit: „Meine Großeltern hatten ein offenes Haus, und es war immer Betrieb. Das hab ich damals schon genossen und fand es hoch interessant, dass so viele Leute da waren“, erinnert sie sich. Und ihre Eltern hätten soziale Gerechtigkeit und Unterstützung der Schwachen vorgelebt und ihr das Politische mitgegeben. Sie hätten zu ihr und ihrem Bruder immer gesagt: „Passt auf, dass es euch nicht so geht wie uns. Seid kritisch!“ Prägend sei für sie ein Hilferuf im Radio an die „freie Welt“ während des Ungarnaufstands gewesen, ebenso wie ein Erlebnis während ihrer kaufmännischen Arbeit in den Robinson Barracks, als sie US-Soldaten weinen sah, die in den Vietnamkrieg mussten.

Frohnmaier fand ihre politische Heimat bei der SPD, und ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende. 2013 wurde sie für ihre langjährige Mitgliedschaft mit der Willy-Brandt-Medaille sowie von der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Ludwigsburg für ihr „herausragendes Engagement in der Kommunalpolitik“ ausgezeichnet. Dieses bringe sie manchmal aber auch in ein Dilemma, etwa wenn die Landesregierung die Ganztagsgrundschulen forciert, und sie andererseits einst mit anderen für die „tolle Kernzeit hier vor Ort“ gestritten hat.

Die Energie der 66-Jährigen scheint, nach langen Berufsjahren – unter anderem als Selbstständige mit ihrem Bruder sowie mit einer Nachhilfeschule – und der Erziehung ihrer zwei Kinder, immer noch unerschöpflich: mit anderen engagiert sie sich im neuen Freundeskreis Asyl, der „Brücken bauen“ will. Dazu gehören Sprachkurse für Frauen ebenso wie Hilfe bei Bank- und Behördengängen oder Angebote für Kinder.

Von dem ersten Treffen, zu dem 23 Bürger gekommen waren, schwärmt sie: „Das war so toll“ – auch bei der Stadt spricht man von einem „überwältigenden Engagement“. Für Annemarie Frohnmaier ist das in diesem Fall nichts Neues: „Anfang der neunziger Jahre gab es etwas ähnliches schon einmal“, erinnert sie sich – und an einen beeindruckenden Sternmarsch nach den Brandanschlägen von Mölln.

Das Engagement geht für Annemarie Frohnmaier also weiter – auch wenn es für sie selbst kein großes Ding ist und sie bescheiden, nach der Aufzählung ihrer Aktivitäten, sagt: „Und das ist es eigentlich, mehr ist’s nicht.“