Sie machen seit Jahren mit: Die Geschwister Friederike und Johannes Lux sind ebenso Sternsinger wie Nadine Luttenberger. Alle drei machen aus ihrem Engagement für die katholische Kirche keinen Hehl.

Gerlingen - D ie Gewänder formen sich auf Tischen zu großen Bergen. Weiße, knöchellange Hemden, Umhänge in den schönsten Farben und Mustern, von Lila über Grün und Gelb bis zu Blau. Auch Rosa kommt gut. Goldfarbene Kronen aus Pappe stapeln sich in einem großen Karton. In den Jugendräumen der katholischen Kirchengemeinde Sankt Peter und Paul in Gerlingen liegen zwar Verkleidungen parat – hier richtet aber keine Amateurtheatertruppe ihre Requisiten. Obwohl das Ganze durchaus etwas mit Rollenspiel zu tun hat. Aber Sternsinger sind nun mal Sternsinger – und keine Theatermacher, die singend durch die Stadt ziehen. Dazu ist die Abkürzung, die sie an die Türbalken schreiben, viel zu ernst. Andererseits wollen die Protagonisten aber auch nicht als verbohrte Hallelujasänger dastehen.

 

„20C+M+B15“ – das ist die Abkürzung, die mit Kreide an die Türen geschrieben wird. Wer die Buchstaben als Abkürzung der Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar deutet, liegt nur der volkstümlichen Überlieferung nach richtig. In Wirklichkeit ist es die Kurzform von „Christus Mansionem Benedicat“ – übersetzt „Christus segne dieses Haus“. Was heute eine Segensbitte ist, wurde in früheren Zeiten auch als Bannmittel gebraucht, beispielsweise, um Krankheiten und Böses abzuhalten. Erste Aufzeichnungen über herumziehende Sternsinger sind aus dem 16. Jahrhundert bekannt, etwa aus Salzburg und Ettal. Die Heiligen Drei Könige kommen schon in der Bibel vor: Im Matthäusevangelium ist von „Sterndeutern“ die Rede. Später wurden daraus Könige – von Weihegaben und Geschenken für Jesus und Maria wie Gold, Weihrauch und Myrrhe aber ist schon im Evangelium die Rede.

So tief steigen Johannes Lux (24) und seine Schwester Friederike (19) sowie Nadine Luttenberger (22) mit den Sternsinger-Kindern von Sankt Peter und Paul nicht in die Erklärung ein. Ein bisschen Hintergrund aber müssen sich die Neun- bis 14-Jährigen schon aneignen, im Gespräch mit den Gruppenleitern und einem Film. Schließlich sind sie ganz offiziell im Auftrag der katholischen Kirche unterwegs, und eben keine Theater- oder Fasnetstruppe mit Kronen. Das wird jedes Jahr deutlich, wenn der Gerlinger Priester Josef Moskalski am Nachmittag des 2. Januar zum Sternsingergottesdienst einlädt. Dann ziehen meist mehr als 40 Kinder feierlich in die Kirche ein. Nach einigen Liedern, Gebeten und Erklärungen werden sie mit dem Segen ausgesandt, in die Stadt und zu den Menschen. Die Gerlinger sind eine von vielen Tausend Gruppen in Deutschland, die sich an der Sternsinger-Aktion des Kindermissionswerks beteiligen.

Für die erfahrenen Jugendleiter Johannes, Friederike und Nadine ist da ein Teil des alljährlichen Sternsingergeschäfts schon getan. Johannes ist als „Oberleitung“ neben der Jugendreferentin Luitgard Baumann für das Ganze verantwortlich, die beiden jungen Frauen sind in der Leitungsgruppe dabei, begleiten Kindergruppen beim Singen und bereiten das Material vor. Dass das Ganze auch einen Spaßfaktor hat, belegen die jungen Leute beim Termin mit dem Fotografen. Da gehen sie gerne auf die Idee ein, eine Gruppe der drei Könige zu bilden, sich einzukleiden und zu schminken. Auch wenn mangels schwarzer Schminke eine weiße Hautcreme genügen muss. Der Grundgedanke wird durch diese Umkehrung aber nicht umgedreht.

Nadine hat mit zehn Jahren als Ministrantin angefangen, sie ist seit 2003 bei den Sternsingern dabei. Sie studiert Medienkonzeption in Furtwangen und sieht das Engagement für Kinder und Jugendliche in der Kirche als Kontrast zum technischen Part des Berufs, den sie anstrebt. Friederike Lux hingegen will künftig mit Kindern arbeiten, als Einstieg ist sie Freiwillige im Gerlinger Familienzentrum. Ihr Bruder Johannes wird Grundschullehrer und will sein Studium in Ludwigsburg 2016 abschließen. Auch unterm Jahr sind alle drei in der Gemeinde aktiv, im Sommerzeltlager etwa, bei der Osterfreizeit oder beim Firmungswochenende. Das sei unabhängig vom Glauben, meinen sie – in der Katholischen Jungen Gemeinde seien auch Protestanten oder Nichtgetaufte engagiert.

Ein Aspekt des Sternsingens sind auch die Spenden; in diesem Jahr für Kinderprojekte auf den Philippinen, um Mangelernährung zu begegnen. Sehen sie sich nicht manchmal reduziert auf die Funktion des Geldbeschaffers? „Nein“, sagen alle drei wie aus einem Mund. Die meisten der besuchten Menschen würden Singen und Sänger schätzen – und das mit vielen zugesteckten Süßigkeiten beweisen. Ein bisschen Ehrgeiz, was den Inhalt der Spendenbüchse angeht, ist aber schon dabei. „Gut fünfzehntausend Euro sind der Durchschnitt nach vier Tagen“, erzählt Johannes, „20 000 sind ein hoch gestecktes Ziel.“ Im Hintergrund stehe der Wettbewerb mit den Marbachern, die auch sehr engagiert sind.

Und manchmal müsse man schon Frust einstecken – nicht nur bei den Betuchten, die zwei Euro geben. Aber Sternsinger sind auch duldsame junge Menschen.