Der Gesetzentwurf der Bundesfamilienministerin zum Schutz der Prostituierten ist hochumstritten. Damit würde der Menschenhandel kaum bekämpft, rügen Experten. Ein neuer Verein will sich um Ausstiegswillige kümmern.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - An diesem Montag stellt sich vor der Bundespressekonferenz in Berlin ein neuer Verein namens „Sisters“ vor. An seiner Spitze stehen unter anderem zwei entschiedene Gegnerinnen der Sexarbeit aus Stuttgart: die Verdi-Landeschefin Leni Breymaier sowie Sabine Constabel, die bei der Stadt den Sozialdienst für Prostituierte leitet und eine bundesweit gefragte Fachfrau ist. Kernziel des Vereins ist ein Netzwerk, das ausstiegswillige Frauen – speziell Armutsprostituierte – auf ihrem Weg begleitet. Dazu werden Mitstreiter (vor allem Frauen) gesucht, aber auch Förderer, die zum Beispiel die Anmietung von Schutzwohnungen finanziell unterstützen.

 

Zugleich wollen die Initiatoren der Lobby der Sexarbeiterinnen mehr Schlagkraft entgegensetzen. So plant das Bundesfamilienministerium in dieser Woche eine Fachtagung, bei der Pilotprojekte zu Ausstiegshilfen erörtert werden soll. „Statt nach Jahren der Debatten endlich zu handeln und die Gesetzesreform vorzulegen, werden wieder einmal ausgewiesene Befürworter der Prostitutionsindustrie referieren“, rügt die „Sisters“-Führung. Gemeint ist etwa der Berufsverband für sexuelle Dienstleistungen, der Prostitution als normalen Beruf darstelle, aber nicht die ausländischen Zwangs- und Armutsprostituierten vertrete.

Entwurf nach endlosem Ringen der Koalition

Die Vereinsgründung erlangt auch Gewicht angesichts der wachsenden Kontroverse um den 140-seitigen Entwurf des Prostitutionsschutzgesetzes, den das von Manuela Schwesig (SPD) geleitete Familienministerium im Juli vorgelegt hat – nach einem fast endlosen Ringen in der Koalition. Er sieht eine Erlaubnispflicht und Zuverlässigkeitsbescheinigungen für Bordellbetreiber vor, Kondomzwang für Freier sowie Anmeldepflichten für die Prostituierten. Junge Frauen zwischen 18 und 21 Jahren müssen künftig halbjährlich statt einmal im Jahr eine Beratungsstelle aufsuchen. Bei Verstößen drohen Bußgelder.