Das Sexualstrafrecht soll härter werden. Auch wenn Politiker den Anschein erwecken – dies ist keine Reaktion auf die Vorkommnisse von Köln. Die Gesetzgebung könnte schon weiter sein, doch das Kanzleramt hatte lange Zeit blockiert.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Der Bundesjustizminister hat schnell reagiert. Man werde das Strafrecht verschärfen, hat Heiko Maas erklärt, nachdem die Ereignisse von Köln in ihrer ganzen Wucht immer deutlicher geworden sind. Das klingt wie eine schnelle Reaktion, ist es aber nicht. Im Gegenteil: die Rechtsexperten hinken mit ihrem Vorhaben dem Zeitplan hinterher.

 

Das Kanzleramt blockiert

Über das Vorhaben an sich hatte die Stuttgarter Zeitung bereits im vergangenen Sommer berichtet. Damals war es noch für möglich erachtet worden, dass es im Herbst zu einem Kabinettsbeschluss kommen könnte. Dann aber lag das Paragrafenwerk im Bundeskanzleramt – und blieb dort erst einmal stecken. Nach Recherchen der Berliner „Tageszeitung“ hat der Gesetzesentwurf bei der in solchen Fällen üblichen Ressortabstimmung das Innen-, Frauen- und Sozialministerium passiert, ist dann aber vom Hause Merkel nicht weiter bearbeitet worden. Dort schätze man die neuen Regeln als unpopulär ein, spekulierten Experten. Erst kurz vor Weihnachten, so die „tageszeitung“, habe das Kanzleramt dann doch grünes Licht gegeben.

Anlass für die Neuregelung ist die so genannte Istanbul-Konvention, eine Initiative des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Ihr hatte sich die Bundesregierung im Jahre 2011 angeschlossen. Ein darin enthaltener Abschnitt besagt, dass jede nicht-einvernehmliche sexuelle Handlung unter Strafe gestellt werden solle. Bisher ist der Paragraf 177 des deutschen Strafgesetzbuches, der unter anderem die sexuelle Nötigung und Vergewaltigung definiert, nicht daran angepasst worden.

Der Griff an die Brust wird strenger geahndet

Eine Vergewaltigung liegt demnach nur dann vor, wenn der Täter Gewalt anwendet, dem Opfer massiv gedroht hat oder dessen schutzlose Lage ausgenutzt hat. Ein einfaches „Nein“ des Opfers vor dem Übergriff reicht nach aktueller Rechtslage nicht aus, um die Tat juristisch als Vergewaltigung einzustufen. Erst recht nicht, wenn sich die Frau aus Angst nicht zu Wehr setzt. Kritiker der neuen Regeln wenden ein, dass die Vorgaben der Istanbul-Konvention immer noch nicht im vollen Umfang umgesetzt werden.

Viele der neuen Regeln haben eher die Strafbarkeit von sexuellen Übergriffen im Blick, die sich innerhalb einer Beziehung zutragen. Allerdings kann das neue Recht auch auf künftige Vorkommnisse wie jüngst in Köln Anwendung finden. Der Bundesjustizminister will überraschende Griffe an die Brust oder zwischen die Beine ausdrücklich im Sexualstrafrecht erwähnt wissen. Bisher mussten viele dieser Taten hilfsweise als Beleidigung angeklagt werden. – Kommentar