An jenem Freitag, als der Vorfall geschah, sei sie nach der Behandlung von dem Mann in den Keller gebeten worden. „Er wollte mir seine Mostfässer und seine Liköre zeigen, das war sein Ein und Alles.“ Den Mann habe sie im Keller zuerst gar nicht gefunden. „Es war so merkwürdig still“, sagt sie. Er habe sie in eine Ecke gelockt, wo er ihr einen weißen Kunststoffkopf gezeigt habe. In dessen Gesicht seien unbekleidete Frauen sowie ein Paar beim Geschlechtsakt zu erkennen gewesen. „Ich fand das widerlich und bin zurückgeschreckt“, sagte die 28-Jährige. Der Mann habe sie verfolgt und an den Armen festgehalten. „Ich möchte mal sehen, wie Du abends unterwegs bist“, habe er gesagt, sie zu sich hingezogen, zu küssen versucht und Bewegungen mit seinem Becken ausgeführt und ihr an die Brust gefasst. Sie habe sich wegdrehen und aus dem Haus flüchten können, erzählt die Therapeutin. Sie habe danach unter Schock gestanden, „Ich habe mich schmutzig gefühlt“, schilderte sie. „Du must das vergessen“, habe ihr der Mann danach am Telefon gesagt. Er habe sie lediglich so berührt, „wie man ein Mädchen halt umarmt“.

 

Die Staatsanwältin nannte ihre Schilderung glaubhaft. Alles sei detailreich erzählt, alle Merkmale der sexuellen Nötigung sehe sie als erfüllt an. Ein minderschwerer Fall komme nicht in Frage, erklärte die Anklägerin und forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung. Die Frau habe ausführlich Gedanken und Gefühle dargestellt, ergänzte der Anwalt, der sie als Nebenklägerin vertrat. „Ein solches Kunstprodukt kann sich ein normaler Mensch gar nicht ausdenken.“

Der Verteidiger des Angeklagten versuchte indes, Widersprüche in der Aussage der Frau aufzudecken. Hinsichtlich ihrer Schilderungen verstehe er nicht, wie der Senior die Therapeutin an den Händen habe packen können, „er ist doch kleiner als sie“. Nicht nachvollziehen könne er auch, warum die junge Frau sich die anzüglichen Sprüche habe gefallen lassen, aber vor der freizügigen Skulptur zurückgeschreckt sei. „Die Bemerkungen sind Typsache, die Figur ist eindeutig unter der Gürtellinie gewesen“, sagte die Therapeutin dazu.

Auch die Richterin Doris Greiner nannte die Aussage glaubwürdig. Sie sehe keinen Grund, warum die Frau den Senior habe falsch belasten wollen. „Wenn das keine sexuelle Nötigung war, dann frage ich mich, was dafür sonst übrig bleibt“, sagte Greiner. Irgendwelche Anhaltspunkte für einen minderschweren Fall sehe sie nicht, erklärte die Richterin. Sie verurteilte den Angeklagten zudem dazu, 2400 Euro an eine gemeinnützige Organisation zu bezahlen.