Sibylle Knauss hat in der Ludwigsburger Stadtbibliothek ihren neuen Roman „Der Gott der letzten Tage“ vorgestellt. Darin geht es um das eher unangenehme Thema Tod – gelacht wird während der Lesung trotzdem hin und wieder.

Ludwigsburg - Drei Tage, nachdem der Pfarrer stirbt, kehrt er wieder ins Reich der Lebenden zurück – doch nur, um bald wieder zu sterben. Er liegt in einem Krankenhausbett, Schläuche stecken in seinen Armen und hinter ihm piepsen die Maschinen, die ihn künstlich am Leben erhalten. Er will sprechen, kann aber nicht. Nur ab und zu tauchen Ärzte und Pfleger in seinem Zimmer auf, werfen ihm einen mitleidigen Blick zu, woran er abliest, dass er nicht mehr lange zu leben hat.

 

Es ist kein leichtes Thema, das die Schriftstellerin Sybille Knauss für ihren 15. Roman „Der Gott der letzten Tage“ ausgewählt hat. Es geht um das große Ungewisse nach dem letzten Atemzug und darum zu lernen, dieses Ungewisse – vielleicht das Nichts oder vielleicht auch das Ewige – zu akzeptieren.

Kein Buch über die Lust am Untergang

Rund 80 Besucher haben sich am Freitagabend in der Ludwigsburger Stadtbibliothek eingefunden, um bei der Premiere des neuen Romans dabei zu sein. Für Knauss selbst war die Lesung gleichzeitig eine Rückkehr an eine ehemalige Wirkungsstätte: Nur einige Meter weiter nebenan lehrte sie an der Ludwigsburger Filmakademie jahrelang angehenden Autoren das Drehbuchschreiben.

Das Buch handle nicht von der „Lust am Untergang“, erklärte der Verleger von Klöpfer und Meyer, Hubert Klöpfer, im Vorfeld der Lesung. Es sei eine „literarische Auseinandersetzung“ mit dem Tod, die von Knauss’ „sprachlichem Witz“ lebe. Und tatsächlich: Während die Autorin einzelne Passagen aus ihrem neuen Werk vorliest, geht nicht selten ein Lachen durch die Reihen der Zuhörer.

Ein Pfarrer, der seine Frau geschlagen hat

Und das trotz des ernsten Situation, in der sich der Protagonist befindet: Er, der Pfarrer, der sein halbes Leben lang Grabpredigten gehalten hat, liegt nun selbst in einem Krankenbett, das zu seinem symbolischen Grab wird, und kann nur noch Schweigen. „Es hat Gott gefallen, ihn zum Schweigen zu bringen.“ Und es dauert nicht lange, bis der Allvater persönlich auftaucht. Der Sterbende ist so sehr isoliert, dass ihm nichts übrig bleibt, als mit eben jenem einen gedanklichen Dialog zu beginnen.

Er, ein frommer Mann und Pfarrer, aber kein Beispiel an Tugend, blickt verbittert auf sein Leben zurück. Gott – und das sei angemerkt: ein ziemlich ironisch-komischer Gott – führt ihn zurück in die Zeit, in der der Protagonist seine Frau Margarete schlägt, weshalb anschließend Vieles zusammenbricht. Er lässt Irene, die Geliebte, die er bei einem Autounfall verliert, noch einmal vor seinen Augen Gestalt annehmen. Er lässt ihn erkennen, dass er sie nur an sich band, um sich einzureden, dass es zumindest eine Frau auf dieser Welt gibt, die es mit ihm aushält: „Wir haben einander immer nur instrumentalisiert.“

Es sind harte, aber aufrichtige Wahrheiten, die sich der Pfarrer in den letzten Momenten eingesteht. Knauss sagt, trotz der düsteren Thematik sei sie beim Schreiben des Romans nicht schwermütig geworden. „Die Schwierigkeit bestand eher darin, den Anforderungen des Themas sprachlich gewachsen zu sein.“ Im Publikum hingegen gibt es nach der Lesung Stimmen, die eingestehen, dass es etwas zu finster gewesen sei. Für Knauss hingegen hat die Frage, was nach dem Tod kommt, eine große Anziehungskraft: „Wir wollen nicht daran denken, aber der Tod ist ein Faszinosum.“