Die Fellbacher Jagdhornbläser gehen neue Wege, denn das traditionelle Silvesterblasen findet erstmals auf der Ebene des Kappelbergs statt. Nach 42 Jahren kehren die Musiker dem Kernenturm den Rücken.

Fellbach - Neue Wege gehen die Fellbacher Jagdhornbläser, und auch ihre Fans müssen sich für den letzten Tag des Jahres eine neue Marschroute überlegen: Das Silvesterblasen findet am Donnerstag, den 31. Dezember, erstmals auf der Ebene des Kappelbergs statt. Nach 42 Jahren kehren die Musiker mit den Parforcehörnern in B dem Kernenturm nicht nur beim Spielen, sondern endgültig den Rücken.

 

Steigungen von bis zu 18 Prozent

Natürlich brechen die Jagdhornbläser nicht einfach so mit einer beliebten Tradition. Obmann Leonidas Dracopoulos erklärt, warum der Umzug unbedingt sein musste: „Es war eine Strapaze und einfach zu gefährlich“, sagt er über den steilen Weg zum Kernenturm. „Bei Eisglätte waren die Anhänger mit der Verpflegung nicht hochzubringen.“ Trotz Zug-Fahrzeugen mit Allradantrieb hieß es schon mal Endstation Graben. „Einmal ist der Anhänger mit den Brötchen seitlich abgerutscht, da mussten wir über eine Stunde lang Würstchen ohne Wecken verkaufen.“ Außerdem, sagt der 58-Jährige, gibt es einen weiteren wichtigen Grund: Sie seien immer wieder gefragt worden, ob es denn keinen Shuttle-Service gebe. „Vor allem ältere Leute, die nicht mehr gut zu Fuß sind, haben die Strecke bei Eis und Schnee nicht bewältigen können.“ Steigungen von bis zu 18 Prozent haben den Zugang enorm erschwert oder unmöglich gemacht. Das absolute Fahrverbot auf dem Kappelberg erlaubt nur Versorgungs- und Waldfahrzeuge und hat einen bequemeren Zugang verhindert.

Künftig findet das Silvesterblasen auf der Ebene statt. Foto: Patricia Sigerist
Deshalb haben sich die Jagdhornbläser – „Wir werden auch nicht jünger“, so Leonidas Dracopoulos – eine langfristige Lösung überlegt und gefunden. Mit allerhöchster städtischer Genehmigung darf die zwölfköpfige Truppe künftig auf der Ebene blasen. Dort können dann nicht nur die Töne, sondern auch die Blicke frei schweifen: Die Aussicht ist grandios.

Aber auch die Aussichten für die Freunde jagdlicher Musik sind besser. „Die Ebene ist nicht nur für Ältere, sondern auch für Rollstuhlfahrer gut erreichbar“, sagt Leonidas Dracopoulos. „In zehn Minuten“, so schätzt der Obmann, „kann man den Platz vom Waldschlössle aus zu Fuß erreichen.“ Vorteile haben auch Besucher, die an der neuen Kelter starten: Für sie ist der Weg kürzer. Wer dagegen aus Richtung Rotenberg oder Kernen kommt, muss ein wenig länger wandern. Aber viel frische Luft, um den Altjahresmief zu vertreiben, ist ja auch nicht schlecht.

Für die Ausflügler gibt es mehr Musik

Dafür können sich die Silvester-Ausflügler auf mehr Musik freuen. Denn natürlich ist der Weg nun auch für Gastgruppen leichter zu bewältigen. So werden in diesem Jahr D-, S-, B- und Alphörner zu hören sein, verrät Dracopoulos. Und es gebe einen weiteren Vorteil für Besucher, erklärt der Chef-Bläser. Am Kernenturm war es nämlich nicht möglich, sich etwas von der Jagdmusik zu entfernen, um besser plaudern und zuhören zu können. Diese Chance gibt es auf der Ebene. Denn manche Spaziergänger lockt nicht nur die Musik an, sondern auch der gesellschaftliche Treff, bei dem man sich letztmals in diesem Jahr einen guten Rutsch wünschen kann. – Der auf dem Weg zum oder vom Kernenturm leider öfter zu wörtlich genommen wurde.

Ein kleines Manko hat die Ebene allerdings: Es gibt dort keine öffentliche Grillstelle. Während einige Besucher am Kernenturm ihre eigenen Würste mitbrachten und auf dem dort installierten großen Rost brieten, gibt es jetzt nur noch Jagdhornbläser-Gebrutzeltes. Aber dafür wurde der Service optimiert: „Wir haben die Abläufe mit den 20 freiwilligen Helfern wesentlich verbessert“, erklärt Leonidas Dracopoulos, seit sechs Jahren Obmann der Bläser. Außerdem soll es in diesem Jahr auch noch eine dritte Kasse geben, so dass lange Wartezeiten der Vergangenheit angehören, sagt der 58-Jährige.

Obmann rechnet mit einem gewissen Schwund

Auf die Frage, ob manche Besucher – der Vergangenheit verhaftet – noch zum Kernenturm kommen, nickt der Obmann. Er rechnet mit einem gewissen Schwund, denn die Mitglieder können nicht überall Hinweisschilder aufstellen. Aber spätestens im nächsten Jahr wird sich die Veränderung herumgesprochen haben: Dass die Jagdhornbläser neue Wege gehen.