Keinen Nullachtfünfzehn-Bau, sondern etwas Exklusives wünschen sich die Stadträte für das Post-Areal in der Sindelfinger Stadtmitte. Eine interfraktionelle Arbeitsgruppe sammelt nun Ideen: vom exklusiven Hotel bis zum Aussichtsturm reichen die Vorschläge.

Sindelfingen - Ein Zentrum für junge Kreative und Start-up-Unternehmer, ein extravagantes Hotel für Wohlhabende oder ein Café mit Aussichtsplattform über den Dächern der Altstadt – das sind nur ein paar der vielen Ideen, die einige Sindelfinger Stadträte für das Areal der alten Volksbank und der Post entwickelt haben. Quer durch alle Fraktionen sind sich die Räte einig: dieses Filetstück mitten in der Stadt darf nicht beliebig bebaut werden. „Wir wollen etwas Einmaliges, ein Gebäude, das nur in Sindelfingen stehen kann und unverwechselbar ist“, erklärt Klaus Philippscheck, der den Anstoß zu der Ideensammlung gegeben hat. Der pensionierte Lehrer ist das geschichtliche Gewissen der Stadt und sitzt als sachkundiger Bürger für die Freien Wähler im Kulturausschuss.

 

Der Anlass für seinen Vorstoß ist die Bebauung des Feger-Areals, das mittlerweile Quartier F heißt. Dort hat die Volksbank kürzlich ihr neues Domizil bezogen. Nebenan wachsen Geschäfts- und Wohnhäuser in die Höhe. „Diese Gebäude könnten auch in Rotterdam stehen oder in Schottland. Sie sind austauschbar“, klagt Klaus Philippscheck.

Erste Vorlage der Stadtverwaltung abgelehnt

Auf dem gegenüber liegenden Grundstück, wo noch die Post und die alte Volksbank stehen, soll sich dieser Sündenfall nicht wiederholen. Zu kostbar sei dieses Schlüsselgrundstück, das Tor zu Altstadt, um das seit Jahrzehnten gerungen wird und desen Erwerb der Stadt erst in den vergangenen Jahren gelungen ist. Räte aller sechs im Gemeinderat vertretenen Fraktionen und Parteien – von der CDU bis zu den Linken – haben deshalb unter der Leitung von Klaus Philippscheck eine interfraktionelle Arbeitsgruppe gegründet.

Denn das im März von der Stadtverwaltung vorgelegte erste Papier für die Entwicklung des 3600 Quadratmeter großen Areals fand keine Zustimmung unter den Stadträten im Technik- und Umweltausschuss. Demnach war ein Investorenwettbewerb geplant. Private Projektentwickler sollten Kaufangebote plus einem Entwicklungskonzept für das Areal einreichen können. Aus den Angeboten sollte dann eine Jury mit Vertretern der Stadtverwaltung, des Gemeinderats und Fachleuten das beste auswählen.

Dieses Vorgehen missfiel den Stadträten so sehr, dass sie die Vorlage der Stadtverwaltung ablehnten. „Wir möchten nicht, dass Investoren Vorschläge erarbeiten und wir dann nur abstimmen, sondern wir möchten selbst bei der Planung mitreden“, sagt Andreas Knapp von der FDP.

Ideen haben die Räte schon einige auf Lager. Andreas Knapp schwebt eine „besondere Architektur“ vor, wegen der „die Leute von weit her nach Sindelfingen fahren“. Dafür könnte man ruhig auch einen bedeutenden Architekten verpflichten. Der SPD-Rat Axel Finkelnburg möchte am liebsten eine Hoch- oder Fachhochschule ansiedeln. „Damit bekommen wir junge Leute in die Stadt.“

Café über den Dächern der Altstadt

Die Grünen wiederum favorisieren ein Symbol für den „Hochtechnologiestandort Sindelfingen“, wie Sabine Kober sagte. „Das fehlt bisher im Stadtbild.“ Dafür eigne sich etwa ein digitales Laufband an der Fassade des dort dann entstehenden Gebäudes. „Das könnte man nutzen, um für Veranstaltungen in der Stadt zu werben. Oder Daimler könnte damit auf sich aufmerksam machen bei entsprechender finanzieller Beteiligung.“ Und Richard Pitterle, Stadtrat der Linken, möchte eine Aussichtsplattform an dieser Stelle „Da hat man einen schönen Ausblick über die Altstadt und könnte die Stadtführungen dort beginnen.“ Auch ein Café über den Dächern hält er für wünschenswert. Klaus Philippscheck legte nach. Er träumt von einem Turm auf dem Areal von Post und alter Volksbank. Dann gebe es mit den geplanten Türmen von Daimler und Bitzer drei solcher markanter Bauwerke in der Stadt.

Wie geht es nun weiter? Die Räte wollen zunächst den zweiten Entwurf der Stadtverwaltung abwarten, der am Dienstag erstmals nicht öffentlich im Technikausschuss vorgestellt wurde. Dann solle ein „Diskurs in der Stadt über die Entwicklung des Areals“ beginnen, der „über das bloße Ideensammeln hinausgeht“, fordert Philippscheck. Auch die Bürger, vor allem die jungen, müssten beteiligt werden. „Wir bauen hier nicht für uns, sondern für unsere Kinder“, sagt Andreas Knapp.