Besonders in westlichen Ländern sind die Rüstungsausgaben gestiegen. Das zeigt, dass sich die Demokratien der Welt an die neue Realität anpassen, meint Hauptstadtkorrespondent Tobias Heimbach.

Berlin: Tobias Heimbach (toh)

Überraschen dürfte dieser Rekord niemanden. Die weltweiten Militärausgaben haben 2023 einen Höchststand erreicht. Wieder einmal. Schon zum neunten Mal in Folge haben die Zahlen die Ausgaben des Vorjahres übertroffen. Um 6,8 Prozent stiegen die Militärausgaben weltweit, der stärkste Anstieg seit 2009. Das geht aus dem Jahresbericht des Friedensforschungsinstituts Sipri hervor, der am Montag in Stockholm veröffentlicht wurde. Sicher keine gute Entwicklung. Doch zeigen die Zahlen, dass auch viele Demokratien die Zeichen der Zeit erkannt haben. Sie müssen wehrhaft sein. Nicht nur gegen innere Feinde – sondern auch nach außen.

 

Oft genug sprechen Beobachter von einer „Rüstungsspirale“, so als wenn dies ein Naturphänomen wäre. Aber das ist es nicht. Es sind in der Mehrzahl der Fälle die Autokratien dieser Welt, die eine solche Rüstungsspirale auslösen.

Die Militärausgaben Russlands und Chinas haben seit 2014 um 57 Prozent, beziehungsweise 60 Prozent zugenommen. Zum Vergleich: Zwar geben die USA immer noch das meiste Geld für ihr Militär aus, steigerten ihre Ausgaben im vergangenen Jahrzehnt jedoch lediglich um zehn Prozent. Wozu Moskau und Peking ihre Streitkräfte hochrüsten, lässt sich beobachten: Russland hat die Ukraine überfallen und bereitet rhetorisch bereits weitere Raubzüge in Osteuropa vor. China droht nicht allein Taiwan immer wieder mit einem Angriff, sondern setzt auch andere Anrainerstaaten im südchinesischen Meer unter Druck.

Man sieht, dass sich besonders Länder, die sich von diesen beiden bedroht sehen, mehr für ihre Verteidigung ausgeben. Polen hob seine Militärausgaben von 2022 auf 2023 um 75 Prozent an, Finnland um 54 Prozent. Deutschland steigerte seine Ausgaben um neun Prozent, im nächsten Jahr dürfte der Anstieg durch weitere Projekte aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr noch höher liegen. Auch Taiwan, Japan und Südkorea steigerten ihre Militärausgaben überdurchschnittlich.

Wenn westliche Länder aufrüsten, wird das immer wieder von interessierter Seite als „Säbelrasseln“ bezeichnet. Eine klare Verdrehung der Tatsachen. Finnland und Schweden gehörten jahrzehntelang keinem Bündnis an. Erst Putin trieb sie in die NATO. Folglich bezeichnen auch die Sipri-Forscher den russischen Angriffskrieg als einen der „Hauptgründe“ für den weltweiten Anstieg der Militärausgaben.

Auch wenn es notwendig ist, dass westliche Staaten ihre Militärausgaben steigern, so bleibt es doch eine Tragödie. Die Staaten der Welt geben die unglaubliche Summe von zusammen 2,28 Billionen Euro für das Militär aus. Wie viel besser wäre es, man könnte dieses Geld in Krebsforschung, humanitäre Hilfe oder für Maßnahmen zum Klimaschutz anlegen. Doch eine Trendumkehr ist nicht zu erkennen. Auch für 2024 und 2025 rechnet Sipri mit einer unsicheren Weltlage und steigenden Militärausgaben. Man muss sich wohl auf weitere Rekorde einstellen.