Bei "Two and a half Men" ist Charlie Sheen rausgeflogen - zu viele Drogen- und Gewaltexzesse. Dabei war der Mann die Idealbesetzung.

Stuttgart - Am Ende wusste er selber nicht mehr genau, wo das Drehbuch aufhörte und die Realität anfing. Kaum hatten die Bosse des Filmkonzerns Warner Brothers in der vergangenen Woche verkündet, jetzt sei aber Schluss mit lustig, Charlie Sheen, der Star der auch in Deutschland erfolgreichen US-Sitcom "Two and a half Men" müsse gehen, da schloss sich der Kreis, der 45-jährige Schauspieler, über dessen Drogen- und Gewaltexzesse die Medien mit großer Freude und sehr werbewirksam berichtet hatten, war mit der Rolle des Bad Guy verschmolzen.

 

Die Rolle des Charlie Harper in der Sitcom "Two and a half Men" hatte den einstigen Shootingstar Sheen 2003 vor dem endgültigen Sturz in die Bedeutungslosigkeit gerettet. Es war eine Rolle wie maßgeschneidert für den exzentrischen Choleriker.

Regelmäßig muss jemand die Scherben zusammenkehren, die Charlie hinterlässt

Sheen spielt einen erfolgreichen, aber beziehungsunfähigen Werbejingle-Produzenten, der sich von Affäre zu Affäre hangelt. Noch mehr als unter seinem Testosteronüberschuss und seinem Durst nach Alkohol leidet er an seinem Mitbewohner. Es ist sein spießiger Bruder Alan, gespielt von Jon Cryer, der nach der Scheidung von seiner Frau samt seinem Sohn, einem verfressenen "Nullchecker" namens Jake (Angus T. Jones), in seiner Villa in Malibu untergeschlüpft ist. Als Chiropraktiker ist es Alan gewohnt, wieder einzurenken, was nicht mehr einzurenken ist. Doch sein Job als kleiner Bruder führt ihn an seine Grenze. Regelmäßig muss er die Scherben zusammenkehren, die Charlie hinterlässt - der fleischgewordene Elefant im Porzellanladen.

Hierzulande war es der Sender ProSieben, der sich 2005 die Rechte für die Geschichten aus der verlotterten Männer-WG gesichert hat. Vier Jahre später hob der Sender die Sitcom schon in die Prime Time am Dienstagabend. Inzwischen erreicht sie mit einem Marktanteil von bis zu 18,9 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen noch mehr Zuschauer als das bisherige Aushängeschild des Senders, "Die Simpsons".

Das Kontrastprogramm zum Idealmann - frei von Mumm und Manieren

Beim Haus- und Hofsender des Serienekels "Stromberg" heißt es, der Humor der Sitcom verfange vor allem bei den jungen Männern. Kein Wunder: in einem Land, wo Mario Barth das Berliner Olympiastadion mit wind- und wetterfesten Witzen über die Einparkschwäche der Frauen füllt, läuft Charlie Harper offene Türen ein - trotz oder gerade wegen seiner kurzen Hosen und der Bowlinghemden, wie sie sonst nur Jürgen von der Lippe oder Männer in den Wechseljahren tragen. Der Macho ist tot, es lebe der Macho - und Charlie Harper bzw. Sheen leiht ihm sein kantiges Gesicht. Er ist das Kontrastprogramm zum Ideal des neuen Mannes, wie ihn sich die ehemalige Bundesfrauenministerin einst am Kabinettstisch gebacken hat - frei von Mumm und Manieren.

Soeben sind bei ProSieben die fünfzehn letzten Folgen der siebten Staffel angelaufen. Den Rauswurf des Hauptdarstellers sieht man in der Münchener Zentrale gelassen. In den USA zeigt CBS gerade die achte Staffel. Die Dreharbeiten dazu wurden jetzt nach der Hälfte mit Sheens Rauswurf abgebrochen, heißt es bei ProSieben. Einige Folgen kämen also noch.

Ob ein Nachfolger die Sitcom retten kann bleibt zweifelhaft

Und dann? Die weitere Zukunft der Sitcom steht in den Sternen. Aus dem Umfeld der Warner Brothers verlautet, man suche unter Volldampf nach einem Nachfolger für die Rolle. Ob der die Sitcom retten kann, darf nach dem Medienrummel um die Hauptfigur jedoch bezweifelt werden.

Die Fans halten weiterhin zu Charlie Sheen. 2,4 Millionen folgen ihm bei Twitter, 74.000 haben sich soeben um ein Praktikum als Presseassistent beworben. Grundkenntnisse der Psychiatrie sind kein Muss, können aber nicht schaden. In Hollywood heißt es, der doppelte Charlie zeige erste Symptome einer Drogenpsychose.

Pro Sieben, 21.10