Viele haben gekämpft, kaum einer hat an den Sieg geglaubt. Doch nun kommt die Skaterrampe von Michel Majerus auf den Schlossplatz in Stuttgart.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Eigentlich hatte Ulrike Groos das Projekt bereits abgehakt. Über Monate hat die Direktorin des Kunstmuseums Stuttgart versucht, die Genehmigung dafür zu bekommen, dass auf dem Schlossplatz eine Skulptur des Künstlers Michel Majerus aufgebaut werden darf – eine Skaterrampe, die 46 Meter lang und zehn Meter breit ist. „Aber es kam einfach nicht voran“, erzählt Groos, „wir kamen nicht an die Entscheidungsträger heran.“ Umso erfreuter ist Groos über das plötzliche Machtwort des Landes: Das Kunstmuseum darf die Rampe aufstellen. Dort, wo im Dezember die Eisbahn stand, kann vom 15. März bis 20. Mai Skateboard gefahren werden. „Für die Majerus-Ausstellung ist das eine absolute Bereicherung“, sagt Groos, „ich bin richtig begeistert.“

 

Beschleunigung und Bewegung

Michel Majerus hätte das Projekt auch gefallen. Seine Skaterrampe wurde im Jahr 2000 im Kölner Kunstverein im Inneren aufgebaut und in Sevilla in einem Innenhof. In Stuttgart kommt sie dorthin, wo sie hingehört: mitten in die Stadt und unter den freien Himmel. Denn es handelt sich zwar um eine Skulptur, aber Majerus hat sie explizit zur Benutzung vorgesehen. So, wie seine Wandarbeiten ihre Wirkung erst entfalten, wenn sich der Betrachter durch die Räume bewegt, so sei das räumliche Erlebnis bei der Rampe noch intensiviert, meint Groos. „Durch die Beschleunigung und Bewegung erlebt man die Bilder anders“, sagt sie.

Majerus, der an der Stuttgarter Kunstakademie studiert hat und 2002 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, interessierte sich sehr für Jugendkultur, für Computerspiele, Comics, Jugendsprache und auch das Skateboardfahren. „Das war damals wie eine eigene Weltanschauung“, meint Groos. Auf der Rampe tauchen viele Motive auf, die Majerus oft aufgegriffen hat: Logos, Farbkreise und Spiralen, auch eine zerknautschte Gummibärentüte.

Finanzielle Zusage des Landes ist an Auflagen gebunden

Majerus, der ein leidenschaftlicher Computerfreak war, hat genau festgelegt, wie seine temporären Arbeiten auszusehen haben, welche Farben und Schrifttypen zu benutzen sind. Als er mit dem Flugzeug abstürzte, hatte er natürlich auch sein Notebook dabei, von dem aber glücklicherweise die Festplatte gerettet werden konnte, so dass auch posthum Installationen, Wandarbeiten oder eben die Skaterrampe in seinem Sinne realisiert werden können. Der Nachlass wird von der Berliner Galerie Neugerriemschneider betreut, die gemeinsam mit den Erben im Einzelfall entscheidet, welche Arbeit wie posthum noch einmal ausgeführt werden kann.

Nachdem das Land seine Erlaubnis gegeben hat, werden in den nächsten Tagen nun die Aufträge vergeben. Ein Skaterrampenbauer wird mit seinem Team die Rampe aus Holz bauen. Die Mitarbeiter, die schon 2000 in Köln die Rampe bemalt hatten, werden auch wieder die Stuttgarter Rampe bemalen. Dazu muss eigens ein Zelt aufgebaut werden, damit die Farbe auch bei schlechtem Wetter trocknen kann.

Das Kunstmuseum hat 80.000 Euro für die Großskulptur veranschlagt und bereits Sponsoren gefunden. Allerdings ist die Zusage des Landes mit Auflagen verbunden. So muss das Kunstmuseum für Bewachung und Sauberkeit sorgen. „Dadurch werden es sicher mehr als 100.000 Euro werden“, meint Groos, die alles tun will, dass es jetzt nicht am Geld scheitert, nachdem sich so viele Mitstreiter engagiert haben.

Sponsoren unterstützen das Projekt

Oberbürgermeister Wolfgang Schuster hatte sich in einem Brief an den Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid gewandt, auch die Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann und die Sponsoren haben intensiv für das Projekt geworben.

Damit die Rampe auch genutzt wird, will die Kunstvermittlung des Museums Schnupperkurse anbieten. Am 20. Mai wird die Rampe wieder abgebaut, nicht nur, weil sie bis dahin kaputt sein wird, sondern auch aus Gründen des Copyrights. Die temporären Arbeiten von Majerus dürfen immer nur einmal auf der Welt existieren. Die Ausstellung im Kunstmuseum wandert im Anschluss nach Bordeaux. Bevor dort eine neue Skaterrampe aufgebaut werden kann, muss die Stuttgarter Großskulptur also zerstört sein.