Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will mit einer Solidaritätsumlage verschuldete Gemeinden sanieren. Dagegen regt sich Protest: Düsseldorf und Monheim planen eine Verfassungsklage.

Monheim - Daniel Zimmermann, Bürgermeister der Stadt Monheim am Rhein, ist derzeit nicht gut auf die nordrhein-westfälische Landesregierung zu sprechen. 46 Millionen Euro soll nach ersten Berechnungen die 40 000-Einwohner-Stadt, die an Leverkusen grenzt, allein im kommenden Jahr für finanzschwache NRW-Kommunen zahlen. „Damit wird Monheim überproportional belastet“, kritisiert Zimmermann und droht dem Land mit einer Verfassungsklage.

 

Der Monheimer Bürgermeister steht nicht alleine dar. In Nordrhein-Westfalen formiert sich der Protest gegen die sogenannte Solidaritätsumlage, die die rot-grüne Landesregierung plant, um finanzschwachen Städten zu helfen. Vergangene Woche hatte Kommunalminister Rolf Jäger (SPD), zugleich Innenminister, eine Modellrechnung vorgelegt. Aus ihr geht hervor, welche Gemeinde in welcher Höhe die Umlage zahlen soll. Kriterium ist die Steuerkraft. 60 Städte und Gemeinden stehen auf der Liste, Monheim ist der mit Abstand größte Geber. An zweiter Stelle rangiert die Landeshauptstadt Düsseldorf mit fast 27 Millionen Euro. Deren Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) droht ebenfalls mit einer Verfassungsklage, ebenso die Bürgermeister aus den Nachbargemeinden, mit denen Minister Jäger vergangene Woche zusammentraf, um seine Pläne zu erläutern.

Leistungsfähige Kommunen sollen sich solidarisch zeigen

Mit der Umlage sollen leistungsfähige Kommunen in NRW vom nächsten Jahr an jährlich 182 Millionen Euro aufbringen, sieben Jahre lang. Damit will Jäger erreichen, dass verschuldete NRW-Städte von 2021 an wieder aus eigener Kraft einen ausgeglichenen Haushalt aufstellen können. „Nur in einem gemeinsamen Kraftakt von Land und Kommunen haben auch hoch belastete Städte und Gemeinden wieder die Chance, zu einer selbstbestimmten Haushaltspolitik zurückzukommen“, sagte Rolf Jäger der „Stuttgarter Zeitung“.

Hintergrund ist die desolate Finanzlage etlicher Kommunen. Mit knapp 48 Milliarden Euro waren laut des Finanzreports der Bertelsmann-Stiftung die 396 NRW-Städte bis Dezember 2011 verschuldet, zehn Milliarden Euro mehr als 2007. Zum Vergleich: Baden-Württembergs Städte sind mit 6,9 Milliarden Euro verschuldet. Unter den zehn höchstverschuldeten Städten in Deutschland liegen fünf in NRW, vor allem im Ruhrgebiet. An der Spitze steht Oberhausen mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von fast 7000 Euro. Unverschuldete Städte finden sich oft im Münsterland, aber auch im Rheinland. „Die Spaltung in reiche und arme Kommunen vertieft sich. Viele Städte sind in einer Abwärtsspirale aus Überschuldung, Abwanderung und sinkender Attraktivität gefangen“, analysierte Kirsten Witte von der Bertelsmann-Stiftung bei der Vorstellung des Finanzreports in der vergangenen Woche. Den Abbau der Schulden könnten die Kommunen allein nicht mehr schaffen, ist auch sie überzeugt.

Landtag soll im Herbst über den Gesetzentwurf beraten

Im Herbst will Minister Jäger den Gesetzentwurf zur Solidaritätsumlage in den Landtag einbringen. Sie ist Teil eines Gesamtpakets, den die nordrhein-westfälische Landesregierung „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ nennt. Zunächst erhalten besonders notleidende Kommunen vom Land 3,5 Milliarden Euro über zehn Jahre. Sie müssen dafür ihre Haushalte konsolidieren. „Seit der Regierungsübernahme ist die Sanierung der kommunalen Haushaltes eines unserer wichtigsten Anliegen“, sagt Jäger. Das Land gehe dabei an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. „Ergänzend dazu brauchen wir die Unterstützung der kommunalen Familie“, betont der SPD-Politiker und meint damit die Solidaritätsumlage. Einer möglichen Klage sieht er gelassen entgegen.

Auch Monheims Bürgermeister Zimmermann sieht die Hilfe an finanzschwache Städte als nachvollziehbar an. Er hält aber die Höhe für unangemessen. Mit der Solidaritätsumlage zahle Monheim an die 97 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen in Umlagen ein. „Es darf nicht sein, dass Monheim wieder Kredite aufnehmen muss“, erläutert Zimmermann. Erst seit Februar ist die Stadt schuldenfrei.

Auch nach Einschätzung des Städte- und Gemeindebundes in Nordrhein-Westfallen lässt die Umlage befürchten, dass etliche Städte und Gemeinden mit der eingeforderten Solidarität hoffnungslos überfordert würden. Er sieht auch die Bundesregierung in der Pflicht, weil der Bund der kommunalen Ebene teure Soziallasten aufbürdet.