Heiß, heißer, Talkessel? Wie warm wird es in der Senke der Stadt künftig werden? Der Deutsche Wetterdienst und das Umweltamt ermitteln für Stuttgart die Entwicklung der Temperatur durch den Klimawandel.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Es ist der richtige Tag und der passende Ort gewesen, um zu erläutern, welche Bedeutung die Erforschung des Stadtklimas für Stuttgart hat. „Ich bin froh, dass es hier oben etwas kühler ist“, sagte Matthias Hahn (SPD). Der für Städtebau und Umwelt zuständige Bürgermeister stand auf dem Eugensplatz in halber Höhe über der Stadt, unter einem Schatten spendenden Baum. Dort hatte es am Dienstag um die 30, in der Sonne über 40 Grad.

 

„Wir sind eine Stadt, die sich schon lange mit der Überhitzung im Talkessel befasst“, erläuterte Hahn, warum er gerne auf das Angebot des Deutschen Wetterdienstes (DWD) eingegangen ist, dessen klimatologische Kompetenzen mit denen des städtischen Umweltamtes für eine Stadtklima-Studie 2050 zusammenzuspannen. Hier noch genauere Kenntnisse zu gewinnen sei wichtig für die Stadtplanung, machte der Bürgermeister deutlich. Davon hängt ab, wo man Bebauungen zulässt, Luftschneisen offen lässt oder Begrünungen verlangt. Heute wie morgen gilt im von der Kessellage geprägten Stuttgart: „Die kühlen Winde halten die Stadt am Leben“, so Hahn.

Vertiefte Erkenntnisse

Schon heute wissen die Experten der bereits vor 75 Jahren gegründeten Stadtklimatologie einiges über das Klima in der Stadt, etwa durch Luftströmungsmodelle oder durch Wärmebilder, die man durch Luftaufnahmen gewonnen hat. Nun können aber auch die vertieften Ergebnisse aus der Erforschung des Klimawandels berücksichtigt werden. „Die heutigen Klimamodelle lassen es zu, dass wir die Folgen des Klimawandels sogar für einzelne Städte ermitteln können“, sagt Paul Becker, Vizepräsident und Vorstandsmitglied des DWD. „In unserem elektronischen Labor können wir für jede Örtlichkeit errechnen, wie sich dort in den kommenden 50 bis 100 Jahren die Temperatur entwickeln wird.“

Neu an der künftigen Erforschung des Stuttgarter Stadtklimas ist auch, dass nicht einfach nur die Lufttemperatur gemessen wird, sondern die sogenannte „gefühlte Temperatur“ erfasst wird. Dabei handelt es sich keineswegs nur um eine subjektive Befindlichkeit. Gemessen werden neben der Lufttemperatur auch die Luftfeuchtigkeit, die Windgeschwindigkeit und die atmosphärische Strahlung, die in Relation zueinander gesetzt werde. „So erhalten wir objektive Erkenntnisse über das Wärmeempfinden des menschlichen Körpers“, sagt Paul Becker. Dies ermöglicht eine flächendeckende Darstellung von „Belastungssituationen“ im gesamten Stadtgebiet.

Systematische Messungen

Gemessen wird an mehreren stationären Anlagen (dazu der unten stehende Beitrag) insbesondere bei sommerlichen Hochdruckwetterlagen, wenn es wie in den vergangenen Tagen sehr heiß ist. Weil es in Stuttgart von besonderem Interesse ist, auch über die lokalen Windsysteme Bescheid zu wissen, die durch Temperaturunterschiede im Kessel und in den Hang- und Kuppellagen entstehen, werden diese systematisch vermessen. Um ein dichtes Netz von Daten zu bekommen, wird auch ein mobiles Messfahrzeug im Einsatz sein.

Baubürgermeister Matthias Hahn verspricht sich von dem Forschungsprojekt wichtige Hinweise für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Für den DWD bestehe „der enorme Gewinn des deutschlandweit einmaligen Projekts“ in der Chance, die Folgen des Klimawandels unter besonderer Berücksichtigung der lokalen Windsysteme zu erforschen, erklärte Paul Becker.