Ist Urlaub vor der Haustüre überhaupt Urlaub? Susanne und Jens Hummel aus Leonberg haben es ausprobiert. Sie waren am Wochenende in einem Vier-Sterne-Hotel in Stuttgart.

Stuttgart - Hektisch die vollgepackte Tasche zudrücken, sie in den überladenen Kofferraum stopfen, nur um nach einer ewigen Fahrt im schlecht klimatisierten Auto endlich am lang ersehnten Urlaubsort anzukommen. „Dieser Stress ist uns Gott sei Dank erspart geblieben“, sagt Jens Hummel und lacht.

 

Nun wollten er und seine Frau Susanne Hummel einmal anders Urlaub machen – sie verbringen das Wochenende deshalb in einem Hotel in Stuttgart. Eben noch waren sie bei der Arbeit, eine Stunde später sitzen sie mit einem Glas Prosecco in der Lobby. Sie wohnen nämlich im nur 18 Kilometer entferntem Leonberg. Das Ehepaar nimmt an der Aktion „Sterne buchen“ teil. Die eigene Heimat neu entdecken, darum geht es den Tourismusförderern der Stuttgart Marketing GmbH. Bewohner der Region werden animiert, in eines der 29 teilnehmenden Hotels der Landeshauptstadt zu gehen, um so die Übernachtungszahlen in der Ferienzeit zu steigern. Bis zum 31. August kann man dort preisgünstig Urlaub vor der Haustüre machen. Pro Stern und Doppelzimmer kostet eine Nacht 17 Euro. Das Frühstück ist auch dabei. Susanne und Jens Hummel schlafen im Vier-Sterne-Hotel Arcotel Camino für 68 Euro. Wären sie am selben Tag, ohne die Aktion gekommen, hätte das Zimmer 43 Euro mehr gekostet.

Zuerst dachten sie: So ein Quatsch

Die Hummels sind nicht selbst auf diese Aktion gestoßen – ihnen war gar nicht bewusst, dass es sie gibt. Freunde, die dem Ehepaar etwas Gutes tun wollten, haben ihnen den Kurztrip geschenkt. Urlaub in der Nachbarstadt – kommen da überhaupt Urlaubsgefühle auf? „Am Anfang dachte ich, was für ein Quatsch“, sagt Jens Hummel. „Ich bin Stuttgart aufgewachsen, ich kenne doch alles. Mir wäre ein Kurztrip in den Schwarzwald oder an den Bodensee lieber gewesen.“ Für das Paar, das oft nach Stuttgart fährt, ist es diesmal anders. „Wenn man sich darauf einlässt, dann ist es auch möglich, an Orten die einem bekannt sind, zu entspannen. Als wir hier angekommen sind und unser Zimmer bezogen haben, fühlte es sich für uns gleich wie Urlaub an“, sagt Susanne Hummel. An diesem Wochenende müssen sie nichts erledigen, haben keine Termine, sondern Zeit für all die Dinge, die sie schon immer erleben wollten. Ein Wochenende lang können sie Touristen spielen.

Das machen Susanne Hummel und ihr Ehemann dann auch: Sie flanieren durch die Stuttgarter Innenstadt, fahren mit der Seilbahn, spazieren den Blaustrümpflerweg entlang und mit der Zacke wieder den Berg hinab. Dann geht es weiter zur Karlshöhe, wo die beiden sich ein kühles Getränk gönnen. Dort waren sie noch nie und somit ist es ihr Tipp an alle, die ebenfalls einen Ausflug nach Stuttgart planen. „Die Aussicht auf die Stadt ist wunderschön. Ich muss zugeben, ich kenne doch nicht alles. Das sind völlig neue Eindrücke“, sagt Jens Hummel.

Das nächste Mal wollen sie Freunde mitnehmen

Was das Paar überraschte, war, wie schnell sie vom hektischen Stadtleben in das beruhigende Grün fahren konnten. Auch diese Facette der Großstadt war neu für sie. Um von einem Ort zum Nächsten zu kommen, nutzten sie die öffentlichen Verkehrsmittel. Das Ticket hat ihnen das Hotel zur Verfügung gestellt.

Falls es die Aktion auch im nächsten Jahr geben sollte, wollen sie sich den Ausflug selbst schenken und Freunde mitnehmen. „Es war, als hätte ich einen Stadttrip nach Hamburg oder Berlin gemacht. Ich habe die Stadt mit anderen Augen gesehen“, sagt Susanne Hummel. „So einen kurzen Wochenendtrip sollten wir wirklich öfter machen.“ Die anfänglichen Zweifel sind verschwunden.

Zuhause wartet der Alltag schon auf sie. Die Zeit sei viel zu schnell vergangen, sagen beide. Am liebsten wären sie noch länger geblieben. Die Ankunft in Leonberg verläuft stressfrei. Sie haben keinen Jetlag und sich auf dem Heimweg nicht verfahren. Das wenige Gepäck ist schnell im Haus, es sind keine Pflanzen vertrocknet und der Briefkasten quillt nicht über.