Beim Song Slam im Merlin treten traditionell Songpoeten gegeneinander an. Am Samstag hat ein Punker gewonnen – mit valentinstagtauglicher Musik. Wir waren dabei.

Stuttgart - Häns Dämpf startet mit einem fünfminütigen Rap über das, was er während seines Philosophie-Studiums in Tübingen gelernt hat. „Aristoteles der alte Sack, wusste immer einen guten Satz“ schreit er ins Mikrofon. Über Kant: „Analytisch droppte er die Lines aufs Papier!“ und über Platon: „MC Platon war der King unter den Freestyle-Philosophen!“

 

Beim Rappen springt er auf der kleinen Bühne des Merlin Kulturzentrums auf und ab. Er trägt eine schwarze Hochwasser-Anzughose, ein Sakko samt roter Fliege, rote Chucks an den Füßen, Zylinder auf dem Kopf. „So, jetzt sind wir locker und leicht in den Abend gestartet – mit Philosophie“, sagt er nach seiner kleinen Darbietung. Häns Dämpf, selbst Liedermacher, ist Moderator des bereits 14. Song Slams im Merlin am Samstagabend.

Sein Rap aber läuft außer Konkurrenz, damit „sich die Jury schon ein bisschen warm machen kann“. Die besteht aus fünf Freiwilligen aus dem Publikum, die sich bereit erklärt haben, nach jedem Künstler die Nummerntafeln hochzuhalten. Häns Dämpf wäre an diesem Abend nicht weiter gekommen, stellt er nach seiner Bewertung fest.

Das Prinzip Song Slam

Der Song Slam funktioniert etwa so wie sein bekannteres Pendant, der Poetry Slam. Statt der Poeten treten hier sechs Musiker oder Bands gegeneinander an. Jeder Teilnehmer hat sieben Minuten Zeit, die Jury von sich zu überzeugen. Die vier Besten kommen ins Halbfinale, die Entscheidung über den Sieger fällt schließlich im Finale.

Das Merlin ist an diesem Samstagabend ziemlich gut gefüllt, nicht alle bekommen einen Platz, viele müssen mit Stehplätzen vorlieb nehmen oder auf den Treppen im hinteren Teil des Raums sitzen. Die Stimmung ist gut, als die ersten beiden Künstler die Bühne betreten: Astra van Nelle und der Lorbeerstorch.

Als „punkig“ beschreibt Häns Dämpf deren Stil in seiner Anmoderation, auch wenn „die beiden das nicht gerne hören“. Punk legt aber nicht nur die Musik nahe: Astra van Nelle trägt einen perfekten Irokesenschnitt, schwere Schuhe, Button am Revers und eine Zahnlücke. Sein Bandkollege bunte Jeans, einen Dutt und keine Schuhe. „Ich habe schon lange Pech mit Frauen“, sagt Astra van Nelle und grinst, denn die Beileidsbekundungen aus dem Publikum folgen prompt. Schließlich ist Valentinstag.

Der Punker gewinnt

Dann geht’s los: Der Lorbeerstorch nimmt auf dem Cajon Platz, Astra van Nelle haut in die Saiten seiner Gitarre. „Ich dachte, ich geb mein Bestes, Frauen stehen auf Ehrlichkeit“, singt er. Im Folgenden ahnt das Publikum, weshalb es der junge Punker so schwer hat mit den Damen: „Die Farben stehn dir nicht“, gesteht er im Lied seiner Angebeteten, auch dass er öfter in die Dusche pinkelt. Und: „Ich nenne dich Schatz, weil ich bis heute nicht weiß, wie du heißt.“ Er dachte, Frauen stehen auf Ehrlichkeit. Das Publikum johlt begeistert.

Anschließend steht eine fünfköpfige Band auf der Bühne, die mit ihren Instrumenten gerade so drauf passt. Gesungen wird auf Schwäbisch, das Publikum wird zum Mitmachen animiert. Richtig überzeugen kann Falk Scheuber aber nicht. „Vielleicht verstehen das nicht alle. In Stuttgart leben so viele verschiedene Kulturen, zum Beispiel auch Badenser“, sagt Häns Dämpf.

Ruhigere Klänge stimmen später Hannas herrliche Band an, ebenso Markus Holder, Matt Reno und Stina Mari. Letztere studiert an der Hochschule der Medien und steht schließlich mit Astra van Nelle und dem Lorbeerstorch im Finale.

Am Ende entscheidet sich das Publikum per Applaus für die Punker. Astra van Nelle und der Lorbeerstorch nehmen den Preis entgegen: „Das goldene Nudelsieb!“, ruft Häns Dämpf und überreicht den Jungs ein grünes Nudelsieb gefüllt mit Überlebenswichtigem wie Spaghetti und Chips.