Etwa 50 Flüchtlinge sind in das Waldheim Sonnenwinkel an der Barchetstraße eingezogen. Die Menschen im Dachswald wollen nun einen Freundeskreis aufbauen.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Dachswald - Die Ankunft im Dachswald ist mit Hindernissen verbunden gewesen. „Der Bus kam an der Barchetstraße nicht um die Ecke“, sagt die Pfarrerin Mirja Küenzlen. Der Busfahrer habe die Flüchtlinge daraufhin einfach auf die Straße gesetzt. Zum Glück zeigte eine nette Nachbarin ihnen dann den Weg hinunter zum Waldheim Sonnenwinkel.

 

Circa 50 Personen sind dort derzeit „zu Hause“. Die Familien kommen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan, Albanien und anderen Ländern. 14 Kinder sind dabei, im Alter zwischen sechs Monaten und 16 Jahren. Zwei Frauen sind schwanger. Ein Zuhause kann das Waldheim aber freilich nicht sein. Im Wesentlichen gibt es nur einen großen Raum. Mit Plastikfolie umwickelte Bauzäune trennen einzelne Parzellen voneinander ab. In jeder stehen drei Stockbetten. „Privatsphäre ist so nicht möglich“, sagt Küenzlen. Die Nächte seien unruhig. Manch einer sehe sehr müde aus.

Bewegende Geschichten

Doch trotz dieser Dauerstresssituation und obwohl Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Kulturen und Religionen auf engstem Raum leben müssen, sei der Umgang miteinander sehr freundlich und respektvoll, betont Küenzlen. Jeder Einzelne habe eine bewegende Geschichte zu erzählen. Es sei ein Unterschied, ob man diesen Menschen, deren Häuser zerstört und Familien getötet wurden und die Monate lang auf der Flucht waren, tatsächlich im eigenen Waldheim gegenüberstehe oder ob man sie nur im Fernsehen sehe. „Das ist schon alles sehr berührend“, sagt die Pfarrerin von Kaltental und Dachswald.

Nachdem bekannt geworden war, dass im evangelischen Waldheim vorübergehend eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet wird, lud die Gemeinde sozusagen als Hausherr zu einer Informationsveranstaltung ein. Zudem war Küenzlen im benachbarten Kindergarten und berichtete im Morgenkreis von den Gästen.

Die Neuankömmlinge brauchen Begleitung

Derzeit ist unter dem Dach der evangelischen Gemeinde ein Freundeskreis im Aufbau. „Es musste schnell gehen. Darum haben wir diese Aufgabe übernommen“, sagt Küenzlen. Der Freundeskreis sei ausdrücklich ein ökumenisches Projekt. Die Pfarrerin betont, dass sich auch Mitglider des Vaihinger Bezirksbeirats tatkräftig mit einbringen. Weitere Engagierte werden gesucht. Insbesondere Menschen, welche sich zutrauen, einen der verschiedenen Arbeitsbereiche wie beispielsweise Spendenmanagement, Sprachkurse oder Freizeitangebote zu koordinieren.

Aktuell gehe es vor allem darum, die Neuankömmlinge zu begleiten und ihnen beim Ausfüllen verschiedener Formulare zu helfen. Denn bislang habe noch so gut wie keiner der Flüchtlinge einen Asylantrag gestellt. Und es gehe darum, den Flüchtlingen die Gegend zu zeigen, ihnen beispielsweise zu erklären, wo sie was einkaufen können.

Große Spendenbereitschaft

Die Spendenbereitschaft sei groß. „Aber wir haben keine Lagerkapazitäten“, bedauert die Pfarrerin. Demnächst werde man auf der Internetseite der Thomasgemeinde eine „Wunschliste“ veröffentlichen, mit den Dingen, die aktuell benötigt werden. Dringend gebraucht werden Geldspenden. Die Gemeinde hat dafür mittlerweile ein Spendenkonto eingerichtet.

Aber nicht alles kann aus Spenden finanziert werden. So sind die Flüchtlinge zum Beispiel auf ein VVS-Ticket angewiesen, um vom etwas abgelegenen Waldheim Dachswald aus überhaupt Läden erreichen zu können. „Da brauchen wir dringend eine politische Lösung. Anders ist das nicht zu machen“, fordert die Pfarrerin.

Spontanes Engagement ist erforderlich

Wer sich spontan engagieren möchte, kann sich direkt im Sonnenwinkel oder im Internet unter www.thomasgemeinde.stuttgart.de informieren. Die Ansprechpartnerin ist Sandra Hensel. Sie ist unter ak_fluechtlinge@thomasgemeinde-stuttgart.de erreichbar.

Infoabend
Am Donnerstag, 12. November, 20 Uhr, steht in der Dachswaldkirche, Barchetstraße 16, eine Infoveranstaltung auf dem Programm. Eingeladen sind alle, die sich in einem Flüchtlingskreis einbringen wollen. Spenden können auf das Konto mit der IBAN DE96 6005 0101 0002 9150 21 überwiesen werden.