Freizeit & Unterhaltung: Anja Wasserbäch (nja)
Das Lied „Zuhause“ ist ein Dialog mit Ihrer Mutter, die 2000 verstorben ist. Wie wichtig ist sie noch heute in Ihrem Leben?
Eltern bleiben immer gleich wichtig. Ich habe meine Mutter 27 Jahre lang gehabt. Ich habe viel von ihr mitbekommen, sie war eine sehr starke Person in unserer Familie, eine Frau, die immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Ich frage mich heute oft, was sie wohl zu etwas gesagt hätte. Sie ist immer noch sehr präsent. Vor allem, wenn man selbst Mutter ist. Da vergleicht man sich. Und es schleichen sich unweigerlich Parallelen ein.
Ihre Mutter hat sich auch immer vor Sie gestellt. Sie haben als Kind schon Rassismus kennen gelernt.
Ich wusste schon immer, dass ich anders aussehe als die Mehrheit. Als ich in die Schule kam, wurde ich von außen darauf hingewiesen. Es gab Beschimpfungen. Und auch in Kreuzberg stand auf Häusern „Ausländer raus“. Mit der Ablehnung von Fremdem bin ich aufgewachsen. Ich habe aber auch immer genau hingeschaut, hatte keinen Verdrängungsfilter. Es gab mein Leben lang immer wieder Situationen, in denen ich beschimpft wurde. Oder wenn ich auf Englisch angesprochen werde, auf Deutsch antworte, und es geht dann auf Englisch weiter: das ist so ein Beispiel für tägliche Ignoranz. Als ob Deutschland kein Einwanderungsland wäre. Nach dem Mauerfall gab es eine Zuspitzung. Da war es sehr unangenehm, es gab viele Übergriffe. Einige Bezirke in Berlin waren No-Go-Areas für mich, weil dort viele Faschos waren.
Wie ist es heute?
Vor zwei Jahren gab es eine neue Zuspitzung durch die sogenannte Flüchtlingskrise, als sich Menschen in ihrem Zuhause nicht mehr sicher fühlen konnten, und eine gefährliche Reise antraten, um an einen Ort zu kommen, an dem sie sicher sind. Es gibt neben der Willkommenskultur den krassen Gegensatz der Ausgrenzungskultur. Das habe ich extrem gespürt.
Ihre Kinder auch?
Vieles ist genau so wie eh und je. Es gibt Mitschüler, die verbal zuschlagen, die über „Ausländer und Neger“ abwertend reden. Ich wundere mich sehr, dass das noch so präsent ist. Das sagt ja auch viel über das Elternhaus aus.