Die letzten Zivis werden in Stuttgart zum Jahresende ihre Stellen verlassen. Die sozialen Einrichtungen suchen bereits nach Alternativen.

Stuttgart - Marc Hahndorf nimmt bei den Johannitern die Bestellungen für den Menüservice entgegen. Benedikt Bös betreut einen querschnittsgelähmten Mann in Degerloch, und Jonas Modrow macht in einem Wohnheim für Jugendliche mit sozialen Problemen den Hausmeister. Die drei jungen Männer gehören zu den 425 Zivildienstleistenden, die in Stuttgart noch zu finden sind. Bis Ende Juni kann das Bundesamt für Zivildienst noch einberufen, danach ist Schluss. Die Wehrpflicht endet zum 1. Juli, die letzten Zivis werden zum Jahresende auch in Stuttgart ihre Stellen verlassen. Die sozialen Einrichtungen suchen bereits nach Alternativen. Ob der neu entwickelte Bundesfreiwilligendienst die Lücken schließen kann, daran haben viele Personaler in den Sozialunternehmen schon jetzt ihre Zweifel.

 

Bei der Caritas Stuttgart sind noch 25 Zivis übrig. "Wir haben die Stellen sukzessive abgebaut", erklärt der Bereichsleiter Kurt Greschner. In den 90er Jahren, als der Zivildienst noch 15 und 13 Monate dauerte, waren es mehr als hundert junge Männer gewesen, die in den Altenheimen, Behindertenwerkstätten und der Wohnungslosenhilfe ihren Dienst taten. "Weil der Zivildienst immer kürzer wurde, war für uns der Aufwand für das Einlernen in vielen Bereichen zu hoch", sagt Greschner. Die Aufgaben, die die Zivis übernahmen, verlagerten sich deshalb immer mehr weg von der Betreuung hin zu Hausmeisterjobs und Fahrdiensten. Trotz dieses Abschiedes auf Raten kam für Greschner die Abschaffung der Wehrpflicht zu unvermittelt. "Wir werden Einschnitte haben, die wir nicht auffangen können." Deshalb müsse etwa in der Altenhilfe mit reduzierten Vorlesezeiten und verkürzten Öffnungszeiten der Pforten gerechnet werden.

Um die Lücken schnell zu schließen, setzen die Verantwortlichen der Caritas auf die Freiwilligendienste. Sowohl die Plätze für ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) als auch für den neuen Bundesfreiwilligendienst (BFD) sollen ausgebaut werden. Bei der Werbung der jungen Menschen hilft der Bund der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) in Wernau, der für alle katholischen Einrichtungen in der Diözese die Freiwilligen betreut und deren Schulungen organisiert. 350 Plätze für FSJler zählt der Verband derzeit, dazu sollen mehr als hundert Stellen im Bundesfreiwilligendienst kommen. Beliebt sind Plätze in der Kinder- und Jugendarbeit sowie im Krankenhaus, schwieriger zu besetzen sind Einsätze in der Altenhilfe, wie Sebastian Lützen berichtet. "Die meisten jungen Leute machen einen Freiwilligendienst, weil sie noch nicht wissen, wohin sie beruflich wollen. Deshalb suchen sie Erfahrungen", sagt der BDKJ-Mitarbeiter. Für Lützen aber ist trotz der Kampagne, die der Bund plant, um den Bundesfreiwilligendienst bekanntzumachen, klar: "Wir werden nicht alle Stellen besetzen können, die uns die Einrichtungen melden."