Debatte Häufig wird gesagt, soziale Netzwerke machten süchtig. Doch das Gefühl, etwas zu verpassen, beruht laut Telefónica-Forscher Martin Pielot eher auf der Erwartung des sozialen Umfelds, dass Nachrichten schnell beantwortet werden. „Das ist der soziale Druck, den Netzwerke wie Twitter und Facebook ausnutzen.“ Menschen sind heute daran gewöhnt, dass ihr Umfeld stets erreichbar ist.

 

Technik Sind Nutzer erst mal einer der vielen Benachrichtigungen gefolgt und beispielsweise bei Facebook gelandet, fängt sie der Newsfeed ein – dieser unendliche, algorithmisch sortierte Nachrichtenstrom. Auch hier wird Psychologie ausgenutzt. So erscheinen Nachrichten von Nutzern, mit denen wir in der Vergangenheit stärker interagiert haben und mit denen wir offenbar enger befreundet sind, tendenziell weiter oben. Das zweite ist die Erscheinungsform des Newsfeed selbst, erklärt Veljko Pejović von der University of Ljubljana. Auch dieses ist ganz bewusst darauf ausgerichtet, den Nutzer auf der Seite zu halten. „Er endet nie. Man hat immer das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn man nicht weiterliest.“

Evolution Als eine Sucht würde der Forscher Martin Pielot das Phänomen allerdings nicht bezeichnen. „Wir sind soziale Wesen und streben danach, sozial validiert zu werden, das ist eine evolutionäre Eigenschaft, um zu überleben“, sagt er, „und die wird ausgenutzt.“

Die Lösung liegt laut Pejović daher auf der Seite des Nutzers: ähnlich wie mit Spam-Filtern müssen wir uns künftig mittels technischer Kniffe dagegen wehren, zu viele Notifikationen zu bekommen. Schließlich liegt die Spanne, die ein Büroarbeiter ungestört am Stück arbeiten kann, laut einer Studie der University of California nur bei drei bis sechs Minuten. Dann wird er unterbrochen – entweder von einem Kollegen in der Tür oder einem Anruf – „oder in der Hälfte der Fälle durch Notifikationen“, sagt Pejović. Es mag sein, dass das einerseits unserem Drang nach Multitasking geschuldet ist, andererseits sind aber viele dieser Unterbrechungen vermeidbar – und kommen vor allem nicht freiwillig zustande.

Bedürfnis nach Unterbrechung und Zerstreuung

Doch es gibt dieses Bedürfnis nach Unterbrechung, nach Zerstreuung, sagt Pejović, „im EEG sieht man, dass etwas im Gehirn geschieht, kurz bevor wir uns selbst unterbrechen und beispielsweise schnell auf Facebook schauen“. Könnte eine smarte App das vorhersehen, könnte sie genau dann eine Notifikation zustellen. Das würde sogar kognitive Belastung sparen, denn Studien unter anderem der niederländischen University of Groningen zeigen in der Tat, dass externe Unterbrechungen weniger Rechenkapazität im Gehirn benötigen, als wenn ihr uns selbst unterbrechen. Würde uns unser Smartphone genau dann eine passende Unterbrechung anbieten, die obendrein inhaltlich interessant ist, wäre allen geholfen.

Pejović ist überzeugt, dass solche Systeme kommen, die nicht nur dank verschiedener Sensor- und Nutzungsdaten des Smartphones wissen, was wir gerade tun und wie offen wir für Benachrichtigungen sind, sondern auch mittels künstlicher Intelligenz lernen, was uns interessiert und was wir in der Vergangenheit eher ignoriert haben. „Das hilft uns dann, unsere Zeit optimal zu nutzen.“ Ein intelligentes Management der Nachrichten all jener Unternehmen, die um unsere Aufmerksamkeit buhlen, könnte also durchaus wieder zu mehr selbstbestimmt verbrachter Zeit führen – ohne auf die Vorteile der Technik und wichtige Informationen verzichten zu müssen.

Machen soziale Netzwerke süchtig?

Debatte Häufig wird gesagt, soziale Netzwerke machten süchtig. Doch das Gefühl, etwas zu verpassen, beruht laut Telefónica-Forscher Martin Pielot eher auf der Erwartung des sozialen Umfelds, dass Nachrichten schnell beantwortet werden. „Das ist der soziale Druck, den Netzwerke wie Twitter und Facebook ausnutzen.“ Menschen sind heute daran gewöhnt, dass ihr Umfeld stets erreichbar ist.

Technik Sind Nutzer erst mal einer der vielen Benachrichtigungen gefolgt und beispielsweise bei Facebook gelandet, fängt sie der Newsfeed ein – dieser unendliche, algorithmisch sortierte Nachrichtenstrom. Auch hier wird Psychologie ausgenutzt. So erscheinen Nachrichten von Nutzern, mit denen wir in der Vergangenheit stärker interagiert haben und mit denen wir offenbar enger befreundet sind, tendenziell weiter oben. Das zweite ist die Erscheinungsform des Newsfeed selbst, erklärt Veljko Pejović von der University of Ljubljana. Auch dieses ist ganz bewusst darauf ausgerichtet, den Nutzer auf der Seite zu halten. „Er endet nie. Man hat immer das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn man nicht weiterliest.“

Evolution Als eine Sucht würde der Forscher Martin Pielot das Phänomen allerdings nicht bezeichnen. „Wir sind soziale Wesen und streben danach, sozial validiert zu werden, das ist eine evolutionäre Eigenschaft, um zu überleben“, sagt er, „und die wird ausgenutzt.“