Der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel will den Ministerien Orientierungspläne zum Sparen geben, ganz im Sinne der Grünen. Und der Umbau im Bildungsbereich werde mit Hilfe des Bundes gelingen, meint er.

Chefredaktion: Joachim Dorfs (jd)
StuttgartClaus Schmiedel will so sparen, dass es keiner merkt. Auch bei den Lehrerstellen ist für ihn das letzte Wort noch nicht gesprochen. Er hofft, dass der Bund in die Finanzierung einsteigt.
Herr Schmiedel, die SPD liegt darnieder, die Grünen sind im Aufwind, gefährdet die unterschiedliche Befindlichkeit den Koalitionsfrieden im Land?
Nein. Die Koalition steht fest.

Aber die Nervosität in der SPD ist doch nicht zu übersehen.
Natürlich freut man sich nicht über schlechte Umfragen. Aber vor der letzten Landtagswahl lagen wir auch zurück. Dann hat sich die Stimmung gedreht.

Muss sich die SPD stärker profilieren?
Es hat uns sehr überrascht, dass die Bürger den Eindruck haben, die Grünen würden sich mit ihrer Politik stärker durchsetzen als wir. Das ist deshalb erstaunlich, weil auf dem Hauptfeld der politischen Auseinandersetzung, bei Stuttgart 21, die Grünen nun eifrig unser Projekt mitbauen. Ich kann nicht erkennen, dass die Grünen beim Versuch, Stuttgart 21 zu verhindern, einen Stich gemacht hätten. Die Polizeireform ist original Reinhold Gall. Da gibt es keine Abstriche. Im sozialen Bereich ebenso.

Die SPD stellt den Finanz- und den Kultusminister. In beiden Bereichen hagelt es Kritik. Hat sich die SPD die falschen Ministerien ausgesucht, oder wird da die falsche Politik betrieben?
Im Bildungsbereich braucht man einen langen Atem. Wenn Ganztagsbetreuung an Grundschulen, individuelle Förderung und Gemeinschaftsschulen etabliert sind, sieht man den Gesamtzusammenhang unseres Einsatzes für mehr Bildungsgerechtigkeit. Jetzt nimmt man nur Bruchstücke wahr.

Bei den großen Themen Ganztagsschulen und Inklusion bewegt sich wenig. Wie wollen Sie diese Aufgaben bewältigen ohne die Kassenlage aus dem Blick zu verlieren?
Flächendeckende Ganztagsschulen und Inklusion kann kein Bundesland aus eigener Kraft stemmen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir brauchen dazu Bundesgeld, denn wir müssen die Schuldenbremse einhalten. Die Mehrheit der Bundesländer ist sich mit den Fraktionen von SPD und Grünen im Bundestag einig, dass der Bund in die wesentliche Finanzierung dieser Aufgaben mit einsteigt. Wir rechnen fest mit diesem Geld. Das Nähere wird nach der Bundestagswahl ausgehandelt. Da ist viel Bewegung drin. Bei der Beschlussfassung zum Fiskalpakt wurde ja bereits ein neues Bundesleistungsgesetz für die Eingliederungshilfe für Behinderte verabredet, nach dem vom Bund jährlich vier Milliarden Euro fließen sollen.

Hätte das auch Auswirkungen auf die Lehrerstellen?
Wir haben den Abbau von 11 600 Lehrerstellen geplant, entlang der zurückgehenden Schülerzahlen. Diese rechnerische Größe wird sich so gar nicht abbilden. Ich erwarte, dass der Bund Stellen für Inklusion und Ganztagsschulen finanziert. Die kommen dann wieder hinzu.

Das heißt, wenn das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern bei den Schulen fiele, könnte der Bund Lehrer bezahlen?
Die SPD will eine große Lösung. Wir haben in unserem Bundestagswahlprogramm, dass wir hier das Kooperationsverbot aufheben wollen, damit der Bund in den Bereichen Inklusion und Ganztagsschulen dauerhaft Finanzhilfen leisten kann.

Wie viel Geld erwarten Sie für Baden-Württemberg?
Der Ministerpräsident, der an den Gesprächen beteiligt war, beziffert die Kosten allein für die Inklusion im Land auf eine Milliarde. Für die Ganztagsschulen müssen die Anteile noch ausgehandelt werden.

Wie soll die Ganztagsbetreuung aussehen?
Wir sind uns mit den Kommunen darüber einig, dass wir diese zunächst an den Grundschulen gezielt ausbauen. Da wird es eine kommunale Beteiligung geben müssen. Wir werden gemeinsam einen neuen Pakt über Ganztagsgrundschulen aufstellen.