Es könnte aber eine Situation entstehen, in der nur eine große Koalition möglich ist. Fühlte sich die SPD dann bei ihrer staatspolitischen Verantwortung gepackt?
Ich kann die Frage verstehen. Aber über die Zusammensetzung des Bundestages entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Warten Sie’s ab.
Bleiben Sie nach dem 24. September Parteichef, egal wie es ausgeht?
Ja, natürlich. Ich bin vor sechs Monaten mit 100 Prozent gewählt worden und erlebe die Partei so geschlossen wie nie zuvor. Warum sollte ich da aufhören?
Die Umfragewerte der AfD steigen, im Bundestag könnten bald Rechtsradikale sitzen? Tragen Union und SPD da eine Mitschuld?
Die SPD ist das Bollwerk gegen Feinde der Demokratie und Verächter der Menschenwürde. Aber es gibt in Deutschland ein Debattenvakuum. Es ist auch deshalb entstanden, weil die deutsche Regierungschefin nicht sagt, wohin sie Deutschland führen will. Statt einzulullen und zu vernebeln, müssen wir wieder miteinander streiten. Es muss Schluss sein mit Merkels Wattebauschpolitik. Denn die lässt Raum für diejenigen, die sich selbst zur Alternative für Deutschland erklären, in Wahrheit eine Schande für die Bundesrepublik sind. Natürlich hat Merkels Politikstil dazu geführt, dass die CDU ihre Bindungskraft für viele Konservative verloren hat. Aber um die Probleme der Union kann ich mich wirklich nicht auch noch kümmern. Allerdings wäre es absurd, Merkel die Schuld für die Stärke der AfD zu geben.
Auch in der klassischen SPD-Klientel, bei den Industriearbeitern, gibt es Zustimmung zur AfD.
Wir haben Angebote für die Industriearbeiter, wollen sachgrundlose Befristungen beenden, die Tarifbindung ausweiten, die Rentenbeiträge stabil halten und das Renteneintrittsalter nicht erhöhen. Wer als Arbeiter prüft, was die AfD anbietet, sieht schnell, dass er seine Stimme mit einem Kreuz bei der AfD wegschmeißen würde. Außerdem verstoßen nicht nur Teile des Programms, sondern auch ein Teil der AfD-Alltagsrhetorik gegen Artikel eins des Grundgesetzes – denken Sie nur an die Aussagen über meine Stellvertreterin Aydan Özöguz oder unseren Weltmeister Jerome Boateng.
Muss die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden?
Vieles von dem, was er an der Spitze der AfD so gesagt wird, ist mit den Grundwerten unserer Verfassung nicht vereinbar. Ich bin sicher, dass das auch dem Verfassungsschutz nicht verborgen bleibt. Man muss die AfD aber politisch bekämpfen. Gegen diese Hetzer hilft nur eins: Dass möglichst viele Demokraten zur Wahl gehen.