1890 – vor 125 Jahren – hat sich der SPD-Ortsverein Vaihingen gegründet. Die Genossen begehen das Jubiläum mit einem Festakt. Zu Gast ist der ehemalige Bundestagsabgeordnete Ernst Ulrich von Weizsäcker.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Ein wenig überraschend ist das Jubiläum dann doch gekommen. „Wir wussten, dass bald etwas ansteht,“ sagt Walter Siek, der Vorsitzende der SPD Vaihingen. Dann habe alles schnell gehen müssen. Denn bei den Recherchen stellte sich heraus, dass sich die Vaihinger SPD 1890 gründete. „Damit hatten wir nicht gerechnet“, gibt Siek zu. Zum Glück habe man zwei Historiker im Ortsverein, welche binnen kurzer Zeit einiges über die Geschichte der Vaihinger SPD zusammenstellten.

 

Hintergrund der Parteigründung war freilich die Industrialisierung. Vaihingen war lange Zeit ein armes Bauerndorf. Erst nachdem der Ort 1879 an das Eisenbahnnetz angeschlossen wurde, siedelten sich die ersten großen Betriebe. „Durch diese Fabriken tauchte auch in Vaihingen dieser neue Typ des lohnabhängigen Arbeitnehmers auf“, heißt es in der Festschrift, welche vom SPD-Ortsverein anlässlich seines 125-jährigen Bestehens herausgegeben wird. Die Quellenlage ist spärlich. „Im Dritten Reich wurde fast alles vernichtet, was mit der SPD zu tun hatte“, bedauert Siek. Die Nazis verfolgten die Sozialdemokraten. Von der Vaihinger SPD gebe es aus diesen Jahren nur wenige Lebenszeichen. „Aber die Genossen müssen noch miteinander in Kontakt gewesen sein. Denn nach dem Krieg fand sich die Vaihinger SPD schnell wieder zusammen“, sagt Siek.

Verkehr und Wohnraum sind Dauerthemen

Die Nazis hatten Vaihingen schon 1942 nach Stuttgart eingemeindet. Am 1. März 1947 löste sich der Arbeitsausschuss auf, 1947 trat der Vaihinger Bezirksbeirat das erste Mal zusammen. Im ersten Bezirksbeirat war die SPD mit vier Mitgliedern vertreten. Im zweiten nach der Gemeinderatswahl Ende 1947 war sie mit sechs Mitgliedern sogar die stärkste Fraktion. Damals war Friedrich Ressel gerade einmal zehn Jahre alt. Ein bisschen habe er den Nationalsozialismus noch miterleben müssen, sagt Ressel. Die Tatsache, dass die SPD gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt habe, habe ihn später dazu erwogen, Sozialdemokrat zu werden. Bis heute ist er überzeugt: „Die SPD hat dem nun wieder erstarkenden Rechtspopulismus etwas entgegenzusetzen.“ Siek sieht es ähnlich: „Demokratie funktioniert nur mit demokratischen Parteien.“

Ressel war mehrfach der Vorsitzende des Ortsvereins und saß viele Jahre im Bezirksbeirat. Auf die Frage, was dieser erreicht habe, antwortet der er mit einem Lachen: „Die Themen sind noch immer ähnlich.“ Der Vaihinger SPD gehe es vor allem darum, günstigen Wohnraum zu schaffen und den Verkehr im Stadtbezirk verträglich zu gestalten.

„Die SPD vor Ort kann stolz sein“

In der Tat war es der Sozialdemokrat Alfred Marek, der 1978 erstmals einen Verkehrsstrukturplan für Vaihingen beantragte. So steht es in der Festschrift. Und weiter ist dort zu lesen: „Das war so ungewöhnlich und neu, dass der Bezirksvorsteher Mezger nur bemerkte, er werde es ,weiterleiten’.“ Heute beschäftigt sich der Vaihinger Bezirksbeirat wieder oder immer noch mit dem Verkehrsstrukturplan. Dennoch schreibt der Vaihinger Genosse Peter Müller-Rockstroh in der Festschrift: „Die SPD vor Ort kann auch nach 125 Jahren stolz darauf sein, Gutes für den Stadtbezirk gewollt, geplant, ins Werk gesetzt und oft genug auch erreicht zu haben.“