SÖS und Linke wollen die Theodor-Heuss-Straße zur Fußgängerzone umwidmen. Das Thema ist vertagt – aber wohl nicht erledigt.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Den Gedanken, die Königstraße zur Fußgängerzone umzuwidmen, „hielten damals auch viele Leute für abwegig“, sagt Ralph Schelle. Das ist unzweifelhaft. Weshalb Schelle, der für die Gemeinschaft von SÖS und Linken im Bezirksbeirat Mitte sitzt, es für folgerichtig hält, die Theodor-Heuss-Straße ebenfalls für den Autoverkehr zu sperren und diese Idee zum Antrag erhob. Gegen die Luftverschmutzung im Talkessel Tempo 40 auf der Hohenheimer Straße zu gebieten, „finde ich Kinderpipi“, sagt er. Also lieber gleich der große Wurf, eine aufsehenerregende Komplettsperrung: „Es bietet sich an, da jetzt einen Knopf dranzumachen.“

 

Zumal ein Großversuch bereits beendet ist. Für die Feier zum Tag der deutschen Einheit war die Hauptverkehrsader gesperrt. Was allerdings nicht für jeden zum festlichen Erlebnis wurde. Auf der Fahrt vom Pragsattel hinunter in die Stadtmitte „stand ich vier Stunden lang im Stau“, sagt der Christdemokrat Michael Scharpf. „Ich glaube, der ging bis nach Ludwigsburg.“ Weshalb nicht nur er den Segen der Vollsperrung einer Hauptverkehrsader für zweifelhaft hält. „Eine komplette Sperrung wäre sicher kein Vorteil“, sagt der Sozialdemokrat Manuel Krauß, „auch wenn eine neue Fußgängerzone richtig wäre.“ Darin, dass Autofahrer eigentlich kaum genug genervt werden können, herrscht bei den Lokalpolitikern der Stadtmitte eigentlich über alle Fraktionen hinweg Einigkeit.

Sogar die Grünen zweifeln am Segen einer Sperrung

Dass gleich die Hauptverbindung zwischen Stuttgarts Norden und Stuttgarts Westen gekappt werden sollte, bezweifelten aber sogar die Grünen, wenn auch mit etwas schüchternen Argumenten. Wenn die Partymeile zur heimeligen Fußgängerzone umgewidmet werde, würden die vielbeklagten Alkoholexzesse noch zunehmen. So sagte es Andrea Leonetti voraus. Die Idee sei grundsätzlich eine gute, befand Martin Ruoff und schlug den Kompromiss vor, dass die Verkehrsplaner im Rathaus den Vorschlag zunächst einmal prüfen mögen. Damit, ein paar Poller aufzustellen und einige Schilder, sei es nicht getan.

Das Ergebnis der Prüfung sagt der Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle – selbst Mitglied der Grünen – allerdings voraus: „Das geht natürlich nicht.“ Straßenverkehr und Stau hin oder her: Die Theodor-Heuss-Straße ist die B 27a, das B steht für Bundesstraße, und die Sperrung einer solchen kann keine Gemeinde beschließen, sondern nur der Bund. Dieses Argument mag Schelle allerdings nicht gelten lassen. Wo des Bürgers Wille ist, meint er, müssen die Regierenden abseits von juristischen Formalien einen Weg finden. Zwar lehnte die Mehrheit des Bezirksbeirats den Vorschlag letztlich ab, aber „das Thema kommt bestimmt wieder“, sagte Wölfle – eben im Sinne eines Prüfauftrags an die Straßenverkehrsabteilung im Rathaus.

Die Behörde dürfte – unter anderem – geltend machen, dass es vor der Sperrung der Königstraße nicht nur Bedenken gab, sondern durchaus nennenswerte Umbauten im Stadtzentrum. Bevor erst der Autoverkehr, später die Straßenbahn aus der Einkaufsstraße wichen, wurde 1969 die Planie untertunnelt, knapp zehn Jahre später wurde die Straßenbahn zwischen Charlottenplatz und Schloßplatz unter die Erde verlegt. Erst danach wurde die Königstraße zur Fußgängerzone.