Annette Köger, Leiterin des Spielkartenmuseums, hat für die neue Schulausstellung die Qual der Wahl.

Leinfelden-Echterdingen - Weiße Baumwollhandschuhe gehören zu Annette Kögers Beruf wie die Butter zum Brot. Die Leiterin des Deutschen Spielkartenmuseums streift sie immer dann über ihre Hände, wenn sie einen ihrer Schätze auspackt. Vorsichtig und mit spitzen Fingern holt sie Spielkarte um Spielkarte aus weißen Schachteln.

 

Die Kästchen sind säurefrei, an den Ecken verstärkt und lichtundurchlässig. „Wir bewahren sie stehend auf“, sagt sie. „Damit die Erdanziehungskraft nicht dafür sorgt, dass die Karten aufeinander kleben.“

Tausende dieser Schachteln stehen im Depot des Museums und damit im Keller der Leinfeldener Schönbuchschule – fein säuberlich nach Nummern sortiert. Graue und orangefarbene Schränke reihen sich auf 600 Quadratmetern dicht an dicht.

Darin schlummert beispielsweise ein Lehrspiel, dass sich der Pädagoge und Menschenfreund Johann Bernhard Basedow ausgedacht hat. 1780 hat es Daniel Nikolaus Chodowiecki für ihn gestochen. Buchstaben werden hierbei in Verbindung mit Tieren, Pflanzen und Situationen des Lebens – wie der Ernte – gebracht.

Zu den wahren Schätzen der Sammlung gehört auch ein winziges Buch aus dem 17. Jahrhundert, das sich mit der Geografie befasst. „Die Welt bestand nach damaliger Auffassung noch aus vier Kontinenten“, sagt Köger. Und das passte prima zu den Farben der Spielkarten – zu Kreuz, Piek, Herz und Karo. „Das Herz steht für Europa, das Kreuz für Amerika.“

Als „herzallerliebst“ bezeichnet die Museumsleiterin ein französisches Kartenspiel, das eine Lehrerin im Klassenzimmer, einen Bub auf dem Weg zur Schule oder auch ein Schulgebäude zeigt. „Das sieht ein bisschen wie das alte Schulhaus in Echterdingen aus“, sagt Annette Köger.

Die Hüterin von mehr als 25 000 Kartenspielen und Gegenständen mit Bezug zur Kartenwelt steht in diesen Tagen wieder vor der Qual der Wahl. Sie muss entscheiden, welche ihrer Schätze sie dem grellen Licht des Echterdinger Stadtmuseums aussetzen will. „Das Haus hat Südlage“, sagt sie. Und damit etwas zu viel UV-Licht für altes Papier. „Das ist wie bei unserer Haut, die müssen wir auch gegen zuviel UV-Strahlung schützen.“

Die 56-Jährige wird – wie vor drei Jahren vereinbart – auch die geplante Schau „Man lernt nie aus – Schulgeschichten aus Leinfelden-Echterdingen“ mit Spielkarten sinnvoll ergänzen. Die Ausstellung wird am 9. Oktober im Paulaner – der alten Schule von Echterdingen – eröffnet. Annette Köger darf vier Vitrinen füllen. Das ist nicht viel Platz. „Ich kann maximal zehn bis zwölf Objekte zeigen“, sagt sie. Digitale Karteikarten und eine Computersoftware mit dem sinnigen Namen Faust hilft der Museumsleiterin, eine Auswahl zu treffen. „Es ist faszinierend, was es alles auf Spielkarten gibt.“ Trotz ihrer 20-jährigen Erfahrung entdeckt die Kunsthistorikerin jeden Tag etwas Neues.

Sieben Plastikbehälter mit jeweils fünf bis sechs Kartenspielen hat die Museumsleiterin auf einen Tisch im Spielkartendepot gestellt. Sie hat eine Vorauswahl getroffen. „Das ist immer noch viel zu viel“, sagt sie. „Da muss ich noch mal scharf aussortieren. Die ganz alten Sachen bleiben hier.“ Dazu gehört ein altes Schulbuch aus London. Es stammt aus dem Zeitalter von Mozart. Auch Basedows Lehrspiel wird in Echterdingen nicht zu sehen sein, sondern nur ein Nachdruck aus den 1990er-Jahren.

Köger plant parallel zur Echterdinger Ausstellung in Leinfelden ein paar Vitrinen mit dem Thema Schule zu bestücken. Denn auch die Schatzkammer verfügt weiterhin über einen Ausstellungsraum. Allerdings ist dieser nur auf Nachfrage zugänglich. „Es muss ein Termin vereinbart werden wie beim Arzt“, sagt Köger.