Die Ankündigung von Sonys neuer Spielkonsole lässt manche unken, sie sei die letzte ihrer Art. Doch das ist unwahrscheinlich. Denn welcher Gamer würde sich schon mit Angry Birds & Co. zufrieden geben?

Stuttgart - Konsolenhersteller haben es nicht leicht. Sonys Pressekonferenz hatte noch nicht einmal angefangen, da wurde in den Internetforen schon geunkt, die Hardware der neuen Playstation könne ohnehin niemals an die eines aktuellen Gaming-PCs heranreichen. Diese Binsenweisheit hatte diesmal allerdings fast etwas Prophetisches. Denn das Innere der Playstation 4 kommt der Architektur eines modernen PCs tatsächlich sehr nahe. Ihre Leistung bezieht die PS4 aus einem kombinierten Haupt- und Grafikprozessor statt aus einem speziell für Konsolen entwickelten Chip, wie er früher zum Einsatz kam.

 

Das Herz der Konsole ist ein AMD-Prozessor mit acht Kernen und integrierter Grafikeinheit. Der Prozessor ist eine sogenannte beschleunigte Verarbeitungseinheit, auf Englisch kurz APU genannt. Der Arbeitsspeicher ist mit acht Gigabyte großzügig bemessen. Die neue PC-Architektur soll Programmierern die Arbeit erleichtern, da das Umprogrammieren der Software für die speziellen Erfordernisse einer Konsole entfällt. Ein weiterer Prozessor soll sich um im Hintergrund ablaufende Aufgaben wie etwa das Herunterladen von Spielen kümmern. Auch dass in Zeiten von iPad & Co. niemand mehr die Geduld hat, ein System lange hoch- oder herunterzufahren, hat Sony berücksichtigt. Die PS4 soll mit nur einem Tastendruck sofort einsatzfähig sein.

Wie die Konsole aussieht, behält Sony vorerst für sich

Vom Äußeren der neuen Playstation war bei der Präsentation in New York nichts zu sehen. Vorgestellt wurde bloß das neue Eingabegerät namens DualShock 4, das auch registriert, wenn es hochgehoben oder zur Seite gehalten wird. In die Steuerungseinheit ist ein Trackpad, also ein auch bei Notebooks zu findendes berührungsempfindliches Eingabefeld, integriert. Dass die Konsole nicht gezeigt wurde, hat Fans verärgert. Sony begründete das damit, dass man die Spannung für später im Jahr folgende Veranstaltungen aufrechterhalten wolle, bis die Playstation 4 kurz vor Weihnachten in den USA erscheint. Diese Taktik kommt auch den großen Spielemessen entgegen: der Mitte Juni in Los Angeles stattfindenden E3 und der Kölner Gamescom, die am 21. August ihre Pforten öffnet. Bis dahin wird dann wohl auch klar sein, ob auch deutsche Fans die PS4 auf ihren Wunschzettel setzen können oder ob sie noch bis nächstes Jahr warten müssen.

Die Erfahrung, dass eine zu früh präsentierte Hardware vor ihrem Erscheinen noch schlechtgeredet wird, mussten fast alle Hersteller schon einmal machen. Microsofts Xbox 360 wurde zum Beispiel wegen ihres Designs zunächst als „Wasserkocher“ verspottet. Und die erste Modellreihe der Playstation 3 erntete Häme wegen ihrer sperrigen Maße. Weltweit erfolgreich waren die beiden Geräte trotzdem.

Wird die Playstation 4 die letzte ihrer Art?

Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute sehen sich Spielkonsolen einer fast erdrückenden Konkurrenz durch mobile Geräte wie Smartphones und Tablet-PCs gegenüber. Angesichts einer Flut von billigen oder gar kostenlosen Spielen sind immer weniger Menschen bereit, mehrere Hundert Euro für eine reine Gaming-Plattform auszugeben. Darunter hat auch die in Europa vor genau einem Jahr gestartete mobile Playstation, die PS Vita, zu leiden. Nur knapp 4,2 Millionen Geräte wurden laut VGChartz.com bisher weltweit verkauft. Und Konkurrent Nintendo setzte zuletzt sogar weniger Exemplare seines neuen Flaggschiffs Wii U ab als von dem erfolgreichen Vorgängermodell Wii im gleichen Zeitraum.

Für die Hersteller sind das Alarmsignale, die belegen, dass die Kundschaft auch für innovative Konzepte wie den Touchscreen-Controller für die Konsole Wii U nicht jeden Preis bezahlen will. Wenn die Vorteile eines neuen Gerätes nicht auf der Hand liegen, folgt die Mehrheit doch lieber dem „Geiz ist geil“-Prinzip.

Schwarzseher sagen sogar schon das Ende der Spielkonsolen voraus. Doch das ist unwahrscheinlich, denn wo sollten aufwendige Spiele dann noch laufen? Auch der klassische PC verliert an Boden, doch Tablet-PCs und Smartphones sind kein vollwertiger Ersatz. Eine Runde des beliebten Spiels „Angry Birds“ mag seine Reize haben. Anspruchsvollen Gamern sind das simple Spielprinzip und die fummelige Steuerung über den Touchscreen, den man zwangsläufig mit den eigenen Händen verdeckt, aber auf Dauer nicht genug. Gerade Vielspieler werden sicher auch weiterhin auf eine dezidierte Gaming-Hardware setzen – also entweder auf einen High-End-PC oder eine aktuelle Spielkonsole.

Neues Feature: Freunden in ihrem Spiel aushelfen

Sony macht jedoch nicht den Fehler, allein mit einer leistungsstarken Ausstattung zu protzen. So kann man darauf verweisen, dass bereits mehr als 70 Hersteller angekündigt haben, Software für die PS4 zu entwickeln. Im Vordergrund stehen zudem die kommunikativen Funktionen der neuen Playstation. So wird man die Spielsessions anderer Nutzer mitverfolgen können. Es soll sogar möglich sein, über das Internet im Spiel eines Freundes die Kontrolle zu übernehmen, um ihm bei schwierigen Passagen zu helfen. Ein „Share-Button“ auf dem Controller soll es kinderleicht machen, Inhalte wie etwa Videos mit anderen zu teilen. Und schließlich kann man abseits des TV-Geräts bei Bedarf einfach auf der mobilen PS Vita weiterspielen.

In einem solchen Zusammenspiel der verschiedenen Geräte könnte tatsächlich die Zukunft liegen. Bei der Präsentation in New York betonte Sony denn auch gleich zu Beginn, dass künftig nicht die Konsole selbst, sondern der Spieler im Mittelpunkt stehen solle. Zu tief stapeln dürfen die Japaner allerdings nicht. Denn nun wartet die Branche gespannt auf das nächste Großereignis: die Ankündigung der nächsten Generation von Microsofts Xbox.

Die Alternativen zur Playstation

High-End-PC
Die neue Playstation soll in Sachen Leistung nur an einen Mittelklasse-PC heranreichen – ein schräger Vergleich. Zum einen muss man für einen Gaming-PC, auf dem alle aktuellen Spiele flüssig laufen, mindestens 1000 Euro ausgeben. Das ist etwa das Zwei- bis Dreifache von dem, was die PS4 voraussichtlich kosten wird. Nicht berücksichtigt werden bei diesem Vergleich auch die Vorteile einer allein auf Spiele ausgelegten Hardware wie etwa die geringere Fehleranfälligkeit. Spielkonsolen lassen sich im Gegensatz zum PC allerdings nicht aufrüsten.

Wii U
Nintendos Flaggschiff kam Ende 2012 auf den Markt und setzt – traditionell – weniger auf eine hohe Rechenleistung als auf originelle Spielkonzepte. Diese werden von dem innovativen Eingabegerät – einem Controller mit Touchscreen-Display – unterstützt. Eine Stärke der Japaner sind Spiele aus eigener Produktion.

Xbox
Dass Microsoft Sonys Vorstoß in den kommenden Monaten kontern wird, ist praktisch zwangsläufig. Von der Xbox 360 konnte man etwas mehr Einheiten absetzen als Sony von seiner PS3. Über die Fähigkeiten der Xbox 720 – so der als am wahrscheinlichsten geltende Name – ist noch nichts Näheres bekannt. Microsoft hat immer wieder betont, dass man die Xbox vor allem als Entertainment-Plattform und nicht nur als reine Spielkonsole betrachte.