Mitten in der Ulmer Innenstadt explodiert vor der Bar eines justizbekannten Bandenmitgliedes ein Sprengsatz. Die Polizei fahndet mit Hochdruck und mit einer Ermittlungsgruppe nach Tätern. Es könnte sein, dass der Rockerkrieg wieder aufflammt.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Ein Sprengstoffanschlag am Freitag um 4.20 Uhr mitten in der Innenstadt von Ulm schreckt Polizei und Bevölkerung auf. Ziel der bisher unbekannten Täter war eine Shisha-Bar am Kornhausplatz. Durch die Explosion sind die Fensterscheiben der Bar sowie zwei parkende Autos beschädigt worden, der Sachschaden beläuft sich nach Polizeiangaben auf mehrere tausend Euro. „Es ist ein Wunder, dass niemand verletzt wurde“, sagte ein Freitag ein Sprecher des Polizeipräsidiums Ulm.

 

Platziert wurde der Sprengsatz in einem Blumenkübel vor der Tür des Lokals. Es handelt sich laut Polizei um einen Treffpunkt von Badenmitgliedern. Einzelheiten werden nicht genannt. Am Freitag Mittag arbeitete immer noch die Spurensicherung vor Ort. Die Betreiber der Bar kehrten Glasscherben auf dem Gehweg zusammen und blafften fragende Journalisten an. Einer von ihnen gehört zu den Gründern der rockerähnlichen Gruppierung „Rock Machine“ mit Basis in Neu-Ulm. „Das ist ein legaler Betrieb“, sagt der Mann namens B..

Vor einem Jahr saß er mit seinem Bruder noch auf der Anklagebank des Landgerichts Memmingen und musste sich gegen eine Mordanklage verteidigen. Im Dezember 2012 war bei einem Streit in Neu-Ulm unter Mitgliedern der städtischen Türsteher- und Bordellszene ein 31-jähriger Mann auf offener Straße erschossen worden. Die Brüder B. waren dabei, dass sie geschossen oder einen Tötungsplan gehabt haben, war jedoch nicht zu beweisen gewesen. Es kam zu Freisprüchen.

Kaum einer zweifelt daran, dass der Anschlag mit dem Rockerkrieg zu tun hat

Dass der Sprengstoffanschlag vom Freitag im Zusammenhang mit einem wieder aufgeflammten Rockerkrieg in Ulm steht, daran gibt es kaum einen Zweifel. Am 13. Mai dieses Jahres waren Pistolenkugeln nachts in die Fassade eines neu gebauten Hotels in der Blaubeurer Straße eingeschlagen, das an ein Bordell namens „Lolita-Club“ angrenzt. Die Polizei gründete danach eine Ermittlungsgruppe. „Wir haben die Situation in Ulm, dass es im Milieu schwelende Auseinandersetzungen gibt“, bestätigt der Polizeisprecher.

Auch den Bordellbetrieb sollen die Brüder B. in der Hand haben, heißt es Insidern zufolge. Bis 2013 trug das Etablissement den Titel „Lustpark“, Chef war der damals 31-jährige Chapter-Präsident der Rockergruppe Black Jackets aus Schwäbisch Gmünd, Attila M. Er wurde vom Landgericht Ulm wegen erpresserischen Menschenraubs zu einer Haft von viereinhalb Jahren verurteilt.

Noch mehrere andere führende Figuren der Ulmer Rockerszene sind in Folge einer ganzen Reihe von Gerichtsprozessen in den vergangenen Monaten hinter Gittern gelandet. Ende März dieses Jahres verhängte das Landgericht Ulm gegen den aus dem Alb-Donau-Kreis stammenden Andreas B., ehemals ranghohes Mitglied der Rockergruppierung Bandidos, eine Haftstrafe von sechs Jahren und neun Monaten wegen versuchten Mordes.

Die Verhaftungen von Bandenchefs haben die Szene nicht beruhigt

Im Januar hatte die Augsburger Justiz den 48-jährigen Nachtclubbesitzer Prinz Marcus von Anhalt wegen Steuerhinterziehung für vier Jahre ins Gefängnis geschickt. Der Puffbetreiber, der mit bürgerlichem Namen Marcus Eberhardt heißt und aus Pforzheim stammt, bündelte bis dahin seine Nachtclubunternehmen in einer Gesellschaft mit Sitz in Neu-Ulm. Eberhardt unterhielt bei seiner Festnahme drei Rotlicht-Etablissements in der Doppelstadt.

Die Verhaftungen von Bandenchefs an der Donau haben, wie sich jetzt zeigt, offenbar nicht zu einer Beruhigung der Szene geführt, sondern neue Machtkämpfe provoziert. Der Anschlag vom Freitag in der Ulmer Innenstadt wirkt wie ein Déjà-vu: 2012 hatte in Neu-Ulm erst ein Kneipentreff der Bandidos in Neu-Ulm gebrannt, zwei Wochen später brannte das Stammlokal der Rock Machine. Eine neue Gewaltspirale scheint sich zu drehen. „Wir sind mit Nachdruck daran, den Täter zu ermitteln“, heißt es aus der Ulmer Polizei.

Die Betreiber der angegriffenen Shisha-Bar spucken derweil schon wieder große Töne. Auf „Facebook“ posteten sie am Freitag: „Es handelt sich hierbei nicht um eine ,Riesenexplosion’ wie sonst berichtet, sondern viel eher um einen dummen Streich.“