Kultur: Tim Schleider (schl)


Das Künstler-Traumpaar Brey und Schmidt


Und dann kam Harald Schmidt nach Stuttgart - und brauchte 2007 für seinen Liederabend "Elvis lebt, und Schmidt kann es beweisen" einen Koregisseur. Der Intendant Hasko Weber traute diese Aufgabe Brey zu - und es fand sich prompt ein neues Stuttgarter Künstler-Traumpaar. Brey: "Wir haben schnell gemerkt, dass wir in Humorfragen sehr ähnlich ticken." Soll heißen: nicht nur in der Art, Themen anzugehen, also mit Ironie und Parodie unter dem Deckmantel der Leichtigkeit immer wieder mit den bitterbösesten Pointen zuzustechen, sondern auch im Sinn für Tempo und Timing sind Brey und Schmidt irgendwie seelenverwandt. So wie Fix und Foxi, Ernie und Bert, Waldorf und Statler. "Aber privat lassen wir uns in Ruhe", versichert Brey. "Silvester haben wir zusammen gefeiert, weil ja unser ,Elvis' vorher lief. Aber Weihnachten, das käme nicht infrage."

Silvester konnte man Brey und Schmidt tatsächlich um Mitternacht im Stuttgarter Theaterfoyer feiern sehen. Sie sind, das schreiben wir jetzt wirklich mit allem Respekt, auch rein äußerlich ein Hingucker-Gespann: hier der sehr groß gewachsene, längst genialisch-silbermähnige Schmidt, der auch privat immer mal wieder an seiner randlosen Brille nestelt, natürlich immer korrekt betucht - dort der bedeutend kleinere, sechzehn Jahre jüngere, insgesamt recht schlank gebaute Brey im coolen Club-Outfit und mit Sorglospflegefrisur - behaupte bitte noch mal irgendjemand, körperliche Gegensätze zögen sich nicht an!

Der große Harald Schmidt weiß jedenfalls die Zusammenarbeit mit Brey wohl zu schätzen. Seit dem "Prinzen von Dänemark" überlässt er nach dem gemeinsamen Konzipieren die Regie ganz dem jüngeren Kollegen. Auch bei der schon erwähnten "Volpone"-Probe geriert sich Schmidt keineswegs als großer Fernsehheld mit Stargehabe. Absolut ruhig und beneidenswert konzentriert probt er mit den Kollegen den keineswegs einfachen Text, ist voller Respekt auch bei jenen Szenen präsent, in denen er nicht im Mittelpunkt steht, begibt sich hinterher interessiert in die gemeinsame Manöverkritik. Man merkt Harald Schmidt an, wie sehr er die Theaterarbeit im Stuttgarter Ensemble genießt - und er fügt sich völlig unprätentiös in die Welt des Inszenierenden.

"Ich habe nach einem Stück gesucht", sagt Brey, "in dem Harald seine Schmidt-Rolle spielen kann. Da passt Volpone natürlich prima: der geldgeile Reiche, der sich daran erfreut, wie sich alle schon vor seinem Tod um sein Erbe kloppen. Aber wir wollen ganz sicher keine Harald Schmidt-Show. Harald am allerwenigsten." Was mit der neuen Produktion auch nicht passieren kann. Brey hat sie mit den Kollegen Lutz Salzmann, Florian von Manteuffel, Benjamin Grüter, Rainer Philippi, Minna Wündrich und Sarah Sophia Meyer superb besetzt. Sollte dieser Abend schlussendlich gelingen, dann ganz sicher nicht als Solotanzfestival, sondern als furioses Theaterkomödiantenshowtreppenballett.

Den Regisseur Christian Brey gibt es übrigens auch ohne Harald Schmidt: mit dem Lars-von-Trier-Stück "Der Boss vom Ganzen", einer filigranen Bühnensatire auf den entfesselten Weltkapitalismus, zu sehen im Depot am Ostendplatz. Wie schrieb noch vor über zehn Jahren ein nach Stuttgart gereister Großkritiker in seiner Rezension über den jungen Schauspieler Brey? "Ein hässlicher, lauter Stadttheaterknirps." Der Herr lag ziemlich falsch. Der angebliche Knirps knappst wahrlich nicht mit seinen Gaben.