Das Neu-Ulmer Spaßbad Wonnemar endet als missglückte öffentlich-private Partnerschaft. Jetzt muss der Betreiber Interspa auch einer Frau Schadenersatz zahlen.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm/Neu-Ulm - Fünf Jahre Zank um Geld, in diesem Frühjahr schließlich die angekündigte Trennung zum Jahresende und jetzt auch noch eine Niederlage vor Gericht: Die Stuttgarter Interspa-Gruppe, die Betreiberin des Wonnemar-Bades in Neu-Ulm und Vertragspartnerin der Städte Ulm und Neu-Ulm, verabschiedet sich im Unfrieden von der Donau. Ende des Jahres gehen die Partner getrennte Wege. Vorher muss das Bäderunternehmen einer 47 Jahre alten Frau aber noch voraussichtlich knapp 15 000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld für einen Unfall in der Reifenrutsche des Bades zahlen.

 

Der Unfall ereignete sich schon im November 2011. Die Frau, damals 82 Kilogramm schwer bei einer Körpergröße von 1,71 Metern, wurde beim Austritt aus der sogenannten Crazy-River-Wasserrutsche rückwärts vom Schwimmreifen geworfen und schlug mit dem Hinterkopf auf den Beckenboden. Sie erlitt ein Schleudertrauma, klagte später beim Memminger Landgericht auf Schadenersatz und Schmerzensgeld – und bekam im vergangenen Dezember recht. Der Badbetreiber habe seine Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt, stellten die Richter fest, weil eine vorgeschriebene Volumenstrom-Messeinrichtung an der Rutsche fehle. So sei es möglich, dass sich zum Unfallzeitpunkt zu wenig Wasser im Auslaufbecken der Rutsche befunden habe.

Gerichtsstreit über Monate hinweg

Interspa ging in Berufung beim Oberlandesgericht in München. Hätte die Frau einen Warnhinweis befolgt, wonach nur vorwärts gerutscht werden dürfe, wäre es nicht zum Unfall gekommen, so die Begründung. In vielen Jahren sei so gut wie nie etwas passiert. Stimmt nicht, urteilte jetzt das Oberlandesgericht und bezog sich unter anderem auf ein Sachverständigengutachten (Aktenzeichen U 208/16). Allein im Jahr 2011 seien neun Unfälle an der Rutsche gemeldet worden, bei denen Besucher vom Reifen gefallen seien. Siebenmal sei es zu Kopfverletzungen gekommen. Der Reifen könne sich in der Röhre unkontrolliert um 360 Grad drehen, das sei sogar gewollt. Das Schadenersatzbegehren der Frau sei daher berechtigt.

Eine Wasserrutsche, die nicht den DIN-Normen entspricht – das passt zu den Ärgernissen der vergangenen Jahre rund um das Wonnemar. Als es den Betrieb aufnahm, am Neujahrstag 2011, da war Interspa ein Retter in der Not. Dem Bad, zu dem auch eine Eislaufanlage gehört und das zuvor den Namen Atlantis trug, drohte der Status einer Wohlfühlruine. Zwei Hochwasser, ein Brand und die Sorglosigkeit des Erstinvestors Wolfgang Stichler hatten die Anlage herunterkommen lassen. 2009 schlossen die Städte Ulm und Neu-Ulm das Bad komplett und steckten knapp elf Millionen Euro in eine Totalsanierung.

Die Atlantis-Pleite wirkt nach

Nicht genug, wenn man heute dem Interspa-Geschäftsführer Volker Kurz glauben möchte. „Auch nach langwierigen Verhandlungen mit den Städten sehen wir leider keine Möglichkeit, das Bad unter diesen für uns finanziell unannehmbaren Bedingungen weiterzuführen“, sagte Kurz Ende April zur Kündigung des Pachtvertrages. Dieser war ähnlich gestaltet wie zu Atlantis-Zeiten: Interspa war Betreiber und Investor der Wasserspaß-Immobilie, die Städte beteiligten sich mit einem jährlichen Investitionskostenzuschuss von gut 300 000 Euro. Private Public Partnership heißt so eine Verbindung neudeutsch.

500 000 zahlende Badegäste allein im vergangenen Jahr haben offenbar nicht für schwarze Zahlen gereicht. Dafür mehrten sich die Klagen von Besuchern über defekte Anlagen, steigende Eintrittspreise und fehlendes Personal. Man habe ein im Grunde veraltetes Bad übernommen, sagte am Donnerstag ein Interspa-Sprecher. Der viel beklagte niedrige Wasserdruck in den Duschen zum Beispiel habe damit zu tun, dass beim Bau des Atlantis Ende der 90er Jahre unterdimensionierte Wasserrohre verbaut worden seien. Das Wonnemar sei lokalpolitisch immer als Volksbad annonciert worden, obwohl es sich um eine Luxuseinrichtung handle. Der 20 Jahre alte Zuschnitt des Wonnemar sei zudem nicht mehr zeitgemäß: zu große Wasserflächen, ein zu kleiner Wellnessbereich. „Damit verdient man aber heute das Geld“, sagte der Sprecher.

Keine Einigung im Streit ums Geld

Wegen des Ausbaus des Thermalbereiches kam es endgültig zum Bruch. Ende des vergangenen Jahres waren die Gemeinderäte beider Städte bereit, nochmals 2,7 Millionen Euro zu investieren. Was die Betriebsausfallkosten während der veranschlagten dreimonatigen Schließungszeit betraf, gab es aber keine Einigung mehr. Vom kommenden Jahr an führen die Städte das Bad nun in Eigenregie.

Der künftige kommunale Betriebsleiter Jochen Weis hat am Donnerstag schon einmal als „Berater“ des Wonnemars angefangen. Fraglich, ob mit seiner Hilfe in dieser Saison noch einmal die Crazy-River-Wasserrutsche in Betrieb geht. Seit Juni ist sie gesperrt. Die offizielle Begründung: Eine Wasserpumpe sei kaputt.