Die Führungskräfte des Stadtparlaments in Stuttgart treffen sich spontan zu einer Sondersitzung. Anlass sind die Stadtfinanzen.

Stuttgart - Nach den Hiobsbotschaften des Stadtkämmerers am Montagvormittag haben sich die Vorsitzenden der Ratsfraktionen Nachmittag an einen Tisch gesetzt, um über die kritische Lage bei den Stadtfinanzen zu beraten. Konkrete Beschlüsse wurden nicht gefasst, gleichwohl besteht Einigkeit in folgenden Punkten: die Grundsteuer und die Gewerbesteuer bleiben unverändert.

 

Um jedoch das Sparziel von 111 Millionen Euro bis zur Verabschiedung des Etats Ende nächster Woche zu erreichen, sollen die Großinvestitionen bei der Schulsanierung, der Kitaausbau und die Einrichtung weiterer Ganztagsschulen möglicherweise zeitlich gestreckt werden. Unter dem Strich zeichnet sich jedoch ab, dass eine Ratsmehrheit für 2012/13 rund 300 Millionen Euro neue Schulden machen möchte.

Peter Pätzold, der Chef der Grünen-Fraktion, sagte nach der Sondersitzung zur Stuttgarter Zeitung: „Die drei großen Brocken sprengen fast unseren Haushalt. Der Sanierungsstau, den wir vor uns herschieben, ist nicht zu übersehen. Alles hat sich in den letzten Wochen aufgeschaukelt, weil viele neue Projekte mit wechselnden Mehrheiten beschlossen worden sind.“ In den nächsten Tagen werde man daran gehen, einen Doppelhaushalt aufzustellen, der genehmigungsfähig ist.

„Überrascht, dass die anderen überrascht sind“

Für die CDU-Fraktion sagte ihr Vorsitzender Alexander Kotz: „Die Situation ist für uns nicht völlig überraschend entstanden, ich habe die kritische Lage kommen sehen.“ Vor allem der Verlust von 60 Millionen Euro als Ausschüttung der Landesbank an die Stadtkasse habe die Ausgangslage für den neuen Haushalt verschlechtert. Andererseits dürfe die Stadt mit mehr Geldern vom Land für den Kitaausbau rechnen. Jetzt warte man ab, welche Vorschläge der Stadtkämmerer dem Gemeinderat am heutigen Dienstag unterbreiten werde.

Die SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind nannte die Lage „durchaus dramatisch“. Dazu habe die Verwaltungsspitze selbst beigetragen, weil ihr Etatentwurf „nicht ganz seriös war“. Jetzt müsse der Gemeinderat „an die dicken Brocken herangehen“, denn mit Streichungen in den vielen Bereichen von zehn- bis zwanzigtausend Euro sei eine Sparpolitik sinnlos. Heute, am Dienstag, werde man erst einmal die Sparvorschläge des Kämmerers abwarten und dann darüber diskutieren. Auch sie glaube, dass es gelingen wird, einen genehmigungsfähigen Etat aufzustellen.

„Das Einzige, was mich überrascht, ist, dass die anderen so überrascht sind“, sagte der FDP-Fraktionschef Bernd Klingler. Er habe vorausgesehen, dass die Vielzahl der Beschlüsse aus den letzten Wochen zu diesem Ergebnis führen würden: „ Jetzt sehen alle, dass es so nicht geht.“ Nun müsse der Gemeinderat an die „dicken Brocken“ herangehen und schauen, wie man die Ausgaben in den Bereichen Schule und Kitas strecken könne. Im Übrigen halte die FDP den Rückkauf der Wasserversorgung nicht für sinnvoll; dieses Geld könnte man sparen, allerdings gebe es für seine Sicht auf dieses Thema im Rat keine Mehrheit.