Ehemals gemeinnützige Wohnbauunternehmen und Genossenschaften üben scharfe Kritik an den Aussagen von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne), denn sie fühlen sich von ihm als Partner nicht ernst genommen.

Stuttgart - Der Ärger ist groß. Als Reaktion auf das Interview mit Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) in der Stuttgarter Zeitung haben sich die Verantwortlichen von fünf ehemals gemeinnützigen oder genossenschaftlichen Wohnbauunternehmen zusammengetan. Sie wollen gebündelt ihre Kritik an der Wohnungspolitik des OB loswerden.

 

„Wir machen genau das, was in Stuttgart fehlt“, sagen sie. Zusammen mit dem Bau- und Wohnungsverein haben die Genossenschaften in Stuttgart rund 23 000 Wohnungen im Bestand. „Die durchschnittliche Miete liegt da bei 6,55 Euro pro Quadratmeter“, sagt Rüdiger Maier, der Vorstandsvorsitzende der Baugenossenschaft Neues Heim. „Doch wir werden von der Stadt vergessen“, ergänzt Klaus-Dieter Kadner, geschäftsführender Vorstand der Baugenossenschaft Feuerbach-Weilimdorf. Das Argument lautet: In der Stadt wird entweder extrem hochpreisig gebaut – Verkaufspreise von 10 000 Euro pro Quadratmeter werden immer häufiger verlangt –, während sich die Politik auf den Bau von Sozialwohnungen fokussiert. „Dabei wird das vergessen, was am dringendsten gebraucht wird: bezahlbare Wohnungen für die Mittelschicht“, sagt Josef Vogel, der geschäftsführende Vorstand der Landesbaugenossenschaft.

Wohnungen für die Mittelschicht

„Wenn ich die Listen unserer Bewerber durchschaue, dann sind darunter viele Polizisten, Krankenschwestern oder Erzieherinnen“, erklärt Thomas Wolf, der Vorstand des Bau und Wohnungsvereins und Sprecher der ehemals gemeinnützigen Wohnbauunternehmen. „Diese Menschen werden von der Stadt aber vergessen“, so Wolf weiter. Das sei anhand der enormen Nachfrage deutlich. „Wenn wir eine Wohnung anbieten, bekommen wir über Nacht mehrere Hundert Bewerbungen“, sagt Thomas Wolf.

Damit die Genossenschaften jedoch ihre vergleichsweise günstigen Wohnungen auch anbieten können, müssen sie zunächst Grundstücke für Neubauprojekte bekommen. „Beim Verkauf privater Bauflächen oder bei den Konzeptvergaben der Stadt haben wir keine Chance, an Bauland zu kommen“, erklärt Karin Autenrieth, die Chefin des Bau- und Heimstättenvereins Stuttgart. Unternehmen, die Eigentumswohnungen anbieten, also als Bauträger arbeiten, könnten schlicht höhere Preise für die Grundstücke bezahlen als Genossenschaften, sagt Autenrieth. Als Beispiel nennen die Genossenschaftler etwa das Areal am Vogelsang im Westen, wo eine Genossenschaft im Bieterwettbewerb um das Baugrundstück neben der dortigen Markthalle gegen eine Gruppe Investoren (Pflugfelder und Vogg) unterlegen war. Zudem sagt Autenrieth: „Die Anforderungen der Stadt bei ihren eigenen Grundstücken sind zu hoch.“ Bei einem der Baufelder auf dem Gelände des ehemaligen Kinderkrankenhauses Olgäle sei man auf Kosten von rund 3800 Euro pro Quadratmeter gekommen. „Und das ohne den Preis für das Grundstück. Unter diesen Bedingungen können wir nicht bauen“, sagt Autenrieth.

Kritik am Umgang mit der Stadt

Zudem kritisieren die Genossenschaftler die Zusammenarbeit mit der Stadt im Bündnis für Wohnen, zu dem der OB eingeladen hat. „Wir sind die einzigen, die die selben Ziele verfolgen wie die Stadt“, sagt Rüdiger Maier. „Da wäre es nur korrekt, dass die Stadt uns etwa bei den Grundstücken entgegenkommt und nicht bloß Verpflichtungen von uns erwartet. Das ist kein Dialog auf Augenhöhe“, kritisiert Kadner.

Denn in einem sind sich die Genossenschaftler einig. „Wir können genausogut in der Region und nicht mehr auf der Stuttgarter Markung bauen“, sagen sie geschlossen. Dort seien Bauauflagen geringer und Genehmigungen würden innerhalb der üblichen Fristen und nicht mit deutlicher Verspätung erteilt wie in Stuttgart.