Mit dem Flüchtlingszustrom in Baden-Württemberg hat niemand gerechnet. Nun müssen kurzfristig viele neue und preisgünstige Wohnungen her. Doch da gibt es einige Probleme.

Stuttgart - Der Städtetag sieht den Wohnungsmarkt in einigen baden-württembergischen Kommunen auch wegen des Flüchtlingszustroms kurz vor dem Zusammenbruch. „Wenn es uns nicht gelingt, den Wohnungsbau voranzubringen, dann kollabieren unsere Wohnungsmärkte in den Städten“, sagte Städtetagspräsidentin Barbara Bosch (parteilos) am Montag in Stuttgart.

 

Die Märkte seien auch schon ohne die Flüchtlinge sehr angespannt. Weder der Bund noch das Land hätten den sozialen Wohnungsbau vorangetrieben. Die Fördermittel müssten erheblich aufgestockt werden, um preisgünstigen und guten Wohnraum zu schaffen - und zwar nicht nur für Flüchtlinge.

Die Akzeptanz bei der Aufnahme von Asylbewerbern hänge auch davon ab, ob es gelinge, auch für jene Menschen preisgünstigen Wohnraum zu schaffen, die bereits im Südwesten lebten und sich schwertäten, eine Wohnung zu finden.

Rund 30.000 neue Sozialwohnungen nötig

Der Chef des Verbandes baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Robert an der Brügge, sagte, dass schätzungsweise in den kommenden fünf Jahren insgesamt rund 30.000 neue Sozialwohnungen nötig seien. Im vergangenen Jahr seien aber nicht einmal 1000 neue Sozialwohnungen im Land entstanden.

„Wohnungsbau ist eine träge Veranstaltung“, sagte an der Brügge. Daher sei es nun „höchste Eisenbahn“, den Wohnungsbau anzukurbeln. Bezahlbarer Wohnraum sei schon in den vergangenen Jahren knapp gewesen. Erst 2013 sei Baden-Württemberg wieder verstärkt in den sozialen Wohnungsbau eingestiegen - „aber nicht in dem Umfang, wie wir ihn benötigt hätten“. Nötig seien eine leichtere Ausweisung von Baugebieten, eine Vereinfachung des Baurechts, und eine massive staatliche Förderung. Die Baukosten seien heute viel zu hoch.

Geflecht von Standards und Normenerhöhungen

„Wir haben uns selbst in einem Geflecht von Standards und Normenerhöhungen fast gefesselt“, sagte an der Brügge mit Blick auf die aktuellen Vorschriften zum Wohnungsbau. Das Land und die Städte seien davon ausgegangen, dass der Zuwachs an Wohnraum allgemein begrenzt sei und es nur noch um qualitative Verbesserungen gehe. Jetzt aber seien auf einen Schlag viele neue Wohnungen nötig.

Baden-Württemberg rechnet in diesem Jahr mit mehr als 100 000 Flüchtlingen - das wären fast viermal mehr als 2014. Zunächst kommen sie in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes unter. Ein Teil von ihnen soll von dort aus direkt in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden, wenn ihr Asylantrag abgelehnt ist. Ist der Asylantrag positiv beschieden, werden die Flüchtlinge auf die Kommunen verteilt.