Wo drückt die Kommunen derzeit am meisten der Schuh?
Wir haben Aufgabentrennungen aus den 60er Jahren, die nicht mehr stimmen – etwa bei den Schulen. Dazu kommen viele neue Aufgaben, bei denen wir nicht ausreichend unterstützt werden.
Sie sprechen von den Flüchtlingen…
Mit der grün-roten Vorgängerregierung hatten wir vereinbart, dass wir 100 Prozent der Kosten für die vorläufige Unterbringung erstattet bekommen. Das war gut. Bei der Anschlussunterbringung gibt es nun mit Grün-Schwarz leider einen Systemwechsel. Der Bund erstattet uns die Unterbringung und die Lebenshaltungskosten. Das Land glaubt, dass man uns mit Programmen für Integration und Sprachkursen abspeisen kann. Von den 260 Millionen, die der Bund Baden-Württemberg 2017 und 2018 zusätzlich für die Integration zur Verfügung stellt, erhalten die Kommunen nur einen Teil – 90 Millionen für Pro-Kopf-Zuweisungen und 70 Millionen über Programme. Die anderen 100 Millionen wandern in den Landesetat. Und gleichzeitig entnimmt das Land auch noch 250 Millionen vorab aus unserer Kasse, um den Haushalt zu sanieren.
Was bedeutet das für eine Stadt wie Freiburg?
Allein in Freiburg kostet uns die Integration 16 Millionen Euro – unter anderem für Sozialarbeiter, Hausmeister und Sicherheitsdienste – vom Land bekommen wir am Ende drei Millionen. Das reicht bei weitem nicht aus. Ähnlich ist es beim Thema Digitalisierung an den Schulen. Es ist nicht damit getan die Schüler mit Laptops auszustatten. Um WLAN ins Klassenzimmer zu bringen, müssen zum Beispiel Wände aufgeschlitzt werden – das kostet Geld. Wenn nach den neuen Bildungsplänen die Schüler digital lernen und arbeiten sollen, muss sich das Land auch daran beteiligen.
Landeszuschüsse gibt es ja eigentlich nur für Neubauten, nicht für Sanierung und Modernisierung…
Und genau das muss sich ändern. In Freiburg haben wir in den vergangenen zwölf Jahren schon 300 Millionen Euro ausgegeben und die Hälfte der Schulen saniert – wir brauchen noch einmal so viel für die andere Hälfte. Aus dem neuen Sonderprogramm des Landes stehen uns gerade einmal 640 000 Euro jährlich zur Verfügung. Landeszuschüsse brauchen wir aber auch für neue Straßenbahnen – die Zuschüsse wurden vor einigen Jahren gestrichen. Die großen Städte haben riesigen Nachholbedarf von über 100 Millionen Euro im Jahr. Die 20 Millionen aus dem Sonderprogramm können nur ein erster Schritt sein. Die Kommunen haben viele Probleme, die das Land nicht sehen will.
Viele Landespolitiker waren mal Kommunalpolitiker…
Als ehemalige Schulbürgermeisterin von Stuttgart und Vorsitzende im Schulausschuss des Städtetags kennt Kultusministerin Susanne Eisenmann die Situation vor Ort ganz genau, aber in ihrer jetzigen Funktion schreibt sie mir die gleichen Briefe wie ihr Vorgänger. Die Landesregierung ordnet alles der Schuldenbremse unter.
Schaffen Sie es denn, mit der von der Wirtschaftsministerin eingesetzten Wohnraumallianz mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen?
Viele Länder, auch Baden-Württemberg, haben nach der Föderalismusreform 2006 zu wenig in den sozialen Wohnungsbau investiert. Seit letztem Sommer arbeiten die Teilnehmer des runden Tisches, aber wir brauchen endlich ein Programm, das Anreize setzt, damit wir Mittel des Bundes abrufen können.