Steinbrück will mehr für Menschen mit ausländischen Wurzeln tun. Beim Wahlkampfterminen in Karlsruhe und Pforzheim gibt sich der SPD-Kanzlerkandidat zum Auftakt seiner Südwest-Tour humorig und gewohnt angriffslustig.

Karlsruhe/Pforzheim - SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat bei seiner Wahlkampftour durch Baden-Württemberg für mehr Integration geworben. „Wir werden im Falle eines Wahlsieges die doppelte Staatsbürgerschaft einführen“, sagte Steinbrück am Montag in Karlsruhe vor Unternehmern. Den Doppelpass gibt es in der Bundesrepublik zwar schon - aber in der Regel nur für EU-Bürger.

 

Am Mittag informierte sich Steinbrück über ein Sprachförderungsprojekt an einer Bruchsaler Brennpunktschule; am Nachmittag war er auf Einladung von Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück beim Pforzheimer Sportverein FSV Buckenberg. Etwa 80 Prozent der rund 300 dort aktiven Mitglieder haben Migrationshintergrund.

„Bei uns ist die Geschwindigkeit des Internets in der Fläche schlechter als in Rumänien“

„Sport und Sprachförderung sind entscheidend für die Integration“, sagte Steinbrück. Außerdem müssten ausländische Bildungsabschlüsse besser anerkannt werden, forderte der SPD-Politiker. „Ich kenne zu viele Berliner Taxifahrer, die ausgebildete Ingenieure sind.“ Der Kanzlerkandidat kündigte zudem ein Kommunalwahlrecht für diejenigen an, die „seit fünf Jahren legal in Deutschland leben“.

In der Steuerpolitik plane die SPD für Unternehmen keine Änderungen. „Es wird keine Erhöhung des Körperschaftssteuersatzes geben. Auch die steuerfreie Vererbung betrieblichen Vermögens bleibt“, sagte Steinbrück. Er verteidigte die geplante Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Der Staat brauche Geld für Bildung sowie zur Unterstützung maroder Kommunen. Auch müsse die Infrastruktur und die Breitbandversorgung besser werden. „Bei uns ist die Geschwindigkeit des Internets in der Fläche schlechter als in Rumänien“, sagte er. „Das ist kein Witz!“

„Die EU-Kommissionen müssen davon abgebracht werden, alles bis ins Detail regeln zu wollen“

Steinbrück prangerte in Karlsruhe zudem die „Regelungswut“ der EU an. „Die EU-Kommissionen müssen davon abgebracht werden, alles bis ins Detail regeln zu wollen“, sagte er. Zwar solle grenzüberschreitend geregelt werden, was sinnvoll sei. „Aber etwa in unseren Sozial- und Wohlfahrtsverbänden oder im öffentlichen Nahverkehr hat die EU nichts zu suchen.“

Er selbst habe beispielsweise hundert spezielle französische Glühbirnen in seinem Keller gebunkert, „weil ich nicht weiß, ob ich die in fünf Jahren für meine französische Lampe noch bekomme“. Aus dem gleichen Grund habe sich Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) mit 200 Stangen „Reyno“-Zigaretten eingedeckt.

Am Abend wurde Steinbrück in Stuttgart zu einer Podiumsdiskussion erwartet. Baden-Württemberg ist für die SPD ein schwieriges Pflaster. Die Grünen waren bei der Landtagswahl an den Genossen vorbeigezogen. Zwar regieren die Sozialdemokraten als Juniorpartner der Grünen mit, doch in den Umfragen verweilt die Partei elf Wochen vor der Bundestagswahl im Tief.