Der Lampenhersteller Osram kündigte nur wenige Monate nach der ersten Abbaurunde neue Stellenstreichungen an. Die frühere Siemens-Tochter ist seit einem Jahr an der Börse.

Wenn Siemens Konzernteile verkauft oder an die Börse bringt, beginnt für Beschäftigte regelmäßig das große Zittern. Die Liste ist lang von Infineon und BenQ über Nokia Siemens Networks bis Unify und nun Osram. Vor einem Jahr hat Mutter Siemens die Lichttochter an die Börse gebracht, begleitet von einem Abbau von 8700 Stellen. Nun kündigt Osram-Chef Wolfgang Dehen zumindest in der Dimension überraschend nicht nur Teil zwei des Abbauprogramms namens Push an und damit das Aus für weitere 7800 Arbeitsplätze. „Wir werden weitere Anpassungen über die zweite Welle hinaus haben, können die Dimension aber noch nicht absehen“, warnte der Manager sein Personal schon einmal vor.

 

Die aktuelle Sparrunde muss Dehen anders als die erste gegen einige Widerstände durchsetzen. „Bei Osram folgt eine Radikalkur der anderen“, kritisiert Bayerns IG Metall-Chef Jürgen Wechsler. Ein Kahlschlag wie der aktuelle sei auch vor dem Hintergrund des Technologiewandels in der Lichtbranche nicht nachvollziehbar. Erneut müsse die Belegschaft Managementfehler ausbaden. Betriebsbedingte Kündigungen müssten ausgeschlossen bleiben.

Die Mitarbeiter sind entsetzt

Im Aufsichtsrat sei noch nichts beschlossen worden, sagt ein Vertreter des Gremiums, das sich am Dienstagabend getroffen hatte. Dehen habe seine neuen Rotstiftpläne dort und gegenüber Betriebsräten präsentiert. „Alle waren entsetzt“, beschreibt ein Beteiligter die Reaktion. In den Standorten schwanke die Stimmung mittlerweile zwischen Wut, Trauer und Hoffnungslosigkeit. Der erste Abbauwelle sei noch gar nicht komplett umgesetzt, da komme eine zweite, noch radikalere mit der Drohung betriebsbedingter Kündigungen, und das bei mehr als acht Prozent operativer Rendite, zeigt man sich empört in den Reihen des leidgeprüften Personals.

Auch von der Belegschaft eingestanden wird allerdings die Härte des Technologiewandels. Binnen drei Jahren sollen nun im Ausland weitere Osram-Werke dicht machen und 6100 Stellen wegfallen, nachdem die laufende Abbaurunde schon das Aus für elf Fabriken gebracht hatte. Den deutschen Werken bleibt zumindest vorerst ein solches Schicksal erspart. Aber auch in Deutschland werden noch einmal 1700 Arbeitsplätze abgebaut, aufsetzend auf die jüngst gestrichenen 1500 Stellen. Insgesamt arbeiten derzeit noch 33 900 Beschäftigte für Osram. Rund 9500 Stellen gibt es hier zu Lande. Erneut betroffen sind nun die Standorte München, Berlin, Augsburg und Eichstätt. Das Gros des jetzigen Kahlschlags spielt sich mit global nahezu 6000 Stellen in der Fertigung ab. Aber anders als bei der ersten Abbaurunde sind nun auch Verwaltung und Vertrieb mit knapp 2000 Arbeitsplätzen betroffen.

Auch der Standort Eichstätt könnte in Gefahr geraten

Mittelfristig Sorgen machen muss sich wohl vor allem der Standort Eichstätt in Bayern, wo jetzt 40 Prozent des Personals gehen soll. Dort werden mit Schwerpunkt Halogenlampen gefertigt. So wie bereits bei den Glühbirnen geschehen, diskutiert die Politik derzeit einen Bann auch für diese Lampenart ab 2017. Seine Pläne gehen davon aus, dass das Verbot von Halogenlampen komme, sagte Dehen. Bei der jetzt zweiten Abbaurunde könne er keine betriebsbedingten Kündigungen ausschließen, müsse aber „beherzt reagieren“, sagte der Manager. Vollzogen sein soll alles binnen drei Jahren. Dann will der Manager jährlich 260 Millionen Euro eingespart haben. Einmalig kosten lassen will er sich den Abbau 450 Millionen Euro, abgesehen von einer möglichen Ergebnisdelle 2015 die Gewinnmarge von aktuell gut acht Prozent aber halten.

Die sonst von solchen Neuigkeiten begeisterte Börse zeigte Osram die kalte Schulter. Die im M-Dax notierte Aktie verlor zeitweise mehr als neun Prozent und fiel auf unter 32 Euro, nachdem sie im Frühjahr noch bei 50 Euro notiert hatte. Analysten bemängeln, dass speziell das Geschäft mit Leuchtdioden (LED), auf dem viele Zukunftshoffnungen ruhen, bei den Münchnern nicht wie gewünscht läuft.

Ausgerechnet die alten Geschäftsbereiche sind profitabel

Der Technologiewandel überrasche in seiner Dynamik derzeit die ganze Lichtbranche, sagte Dehen. LED-Licht auf Basis von Halbleitern verdrängt immer schneller traditionelle Stromsparlampen und Leuchtstoffröhren. Bei LED-Lampen verfallen die Preise aber rasant, und das Geschäft ist zumindest bei Osram nicht profitabel. Schwarze Zahlen schreiben dagegen die aussterbenden Technologien.

Gute Zahlen trotz des schwierigen Marktes

Krise
Die anhaltende Rosskur bei Osram zeigt, warum sich Siemens unbedingt vom Lichtgeschäft trennen wollte und die Tochter im vergangenen Jahr nach einem abgeblasenen Verkauf an die Börse gebracht hat. Der Wandel im Lichtmarkt ist so drastisch wie rasant und er kostet viel Geld, das der noch mit 20 Prozent an Osram beteiligte Siemens-Konzern lieber in andere Geschäftsfelder rund um die Elektrifizierung steckt.

Zahlen Osrams Umsatz soll in diesem Jahr bei rund 5,3 Milliarden Euro stagnieren, nachdem der Konzern die Prognose vor kurzem gesenkt hatte. Der Jahresüberschuss wächst hingegen rasant. Nach neun Monaten des Geschäftsjahrs 2013/14 (zum 30. September) lag der Gewinn nach Steuern bei 181 Millionen Euro und damit rund dem Dreifachen des Vorjahres. Im dritten Quartal wurden 8,6 Prozent operative Marge erreicht.

Vorreiter
Technologisch sieht sich Osram als Trendsetter und will zum Beispiel 2016 organische Leuchtdioden (Oled) auf den Markt bringen.