Die Stimmbildnerin und Sängerin Stephanie Haas aus Stuttgart bringt die Sache so auf den Punkt: „Die Stimme gibt dem Zuhörer zusätzliche Informationen über den Redenden. Problematisch wird es immer dann, wenn der Sprechende zwar auf der inhaltlichen Ebene etwas Bestimmtes vermittelt, aber seine Stimme im Grunde etwas anderes sagt.” Wenn eine Ingenieurin zum Beispiel vor Kollegen in einer erhöhten Tonlage spricht, werden ihr die Zuhörer weniger Kompetenz zutrauen.

Immer mehr Unternehmen erkennen das Problem und wenden sich deshalb an Stimm- und Sprechtrainer. „Die Firmen haben längst erkannt, dass sie das Potenzial ihrer Mitarbeiter ausschöpfen sollten. Dazu gehört auch, die Kommunikationsfähigkeit der Mitarbeiter zu fördern”, sagt Semmelrock. „Die Vorteile liegen auf der Hand: Wer nach einem Sprechtraining nicht mehr übersehen wird, ist weniger frustriert und vergiftet nicht das Betriebsklima, zum Beispiel durch Mobbing.” So profitieren auch die Firmen.

Der erste Schritt zum souveränen Sprechen ist die Sensibilität für die eigene Stimme: „Ihre Art und Weise zu sprechen gibt Ihnen wichtige Hinweise. Wenn Sie zum Beispiel bestimmte Worte oder Sätze nuscheln, sollten Sie sich fragen, woran das liegt”, empfiehlt Haas. „Was befürchten Sie? Haben Sie Zweifel an Ihrer Argumentation?” Sie empfiehlt Rednern, in einem Vortrag jene Passagen oder Fremdwörter zu kürzen oder zu streichen, die sie nicht mit Überzeugung vortragen können. Kämpfer empfiehlt Bewerbern und Beschäftigten gleichermaßen, sich vor wichtigen Sprechsituationen klarzumachen, welche Situation auf sie wartet. „Versuchen Sie ein Ziel zu formulieren. Vergegenwärtigen Sie sich, was Sie können und wollen. Das hilft auch Ihrer Stimme.”

Haas weiß, dass sich beim Sprechen oft unwillkürliche Gedanken einstellen, die gar nichts mit den eigentlichen Inhalten zu tun haben. Oft fragen sich zum Beispiel Menschen bei Vorträgen und Bewerbungsgesprächen, wie sie wirken. Und das ist problematisch: „Denken Sie genau das, was Sie sagen. Verlassen Sie nicht die inhaltliche Ebene, und haben Sie dabei den Adressaten im Blick”, empfiehlt Haas. „Auf diese Weise reden Sie nicht zu schnell, und Ihre Zuhörer haben es leichter, Ihre Aussagen mitzuverfolgen.”

Zur Vorbereitung gehören aber noch weitere Aspekte: „Sie sollten sich vor einer wichtigen Sprechsituation wohlfühlen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Sie am Abend vorher rechtzeitig ins Bett gehen und ausgeschlafen sind”, so Haas. Alles, was dem Körper guttut, hilft nämlich auch der Stimme. Wer also weiß, dass ihm bestimmte Getränke auf die Stimme schlagen, sollte diese meiden. Und wem ein voller Magen die Konzentration raubt, sollte konsequenterweise nicht vorher essen. „Denn der ganze Körper ist Ihr Sprechwerkzeug.”

Wichtig ist es auch, den richtigen Stimmton zu finden. „Jeder Mensch hat einen Eigenton, der sich am schönsten anhört und sich beim Sprechen wohlig anfühlt”, erklärt Semmelrock. Mit der sogenannten Fröschel'schen Kauübung lässt sich diese Tonlage finden: „Der Übende stellt sich zum Beispiel sein Lieblingsgericht vor und summt ein ,Mmm'. Er ahmt dabei Kaubewegungen nach, als wollte er seine Lieblingsspeise mit Genuss verzehren.” Mit dieser Übung lässt sich die Stimme auch am Morgen „wecken”, zum Beispiel durch das Summen unter der Dusche. Bewegung tut der Stimme ebenfalls gut: „Machen Sie vorher einen kleinen Spaziergang. Tanzen Sie am Morgen um den Küchentisch herum. In jedem Fall sollten Sie gut für sich sorgen und sich wohlfühlen”, empfiehlt Haas.