Die Staatsanwaltschaft hat den Stuttgarter Stadtrat Bernd Klingler in eine schwierige Lage gebracht: Akzeptiert er den Strafbefehl, wäre er politisch erledigt. So bleibe ihm nur die Flucht nach vorne und ein öffentlicher Prozess, meint der StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Seit die Vorwürfe gegen Bernd Klingler öffentlich wurden, hat er immer wieder auf eine Reaktion der Staatsanwaltschaft gedrängt. Erst nach einem Freispruch könne er wieder in Ruhe schlafen, sagte er – und er hätte nebenbei die ihn der Untreue bezichtigenden ehemaligen Kollegen von der FDP „Heckenschützen“ nennen können. Nun ist es anders gekommen: Auch die Anklagebehörde ist überzeugt, dass Klingler, als er noch Chef der Liberalen im Rathaus war, seine Fraktion geschädigt habe. Noch schlimmer: sie geht davon aus, dass er die für die Sacharbeit gewährten Steuermittel zumindest teilweise in die eigene Tasche gesteckt hat.

 

Die Aussicht auf eine zur Bewährung ausgesetzte Gefängnisstrafe lässt Klingler nun erst recht keine Ruhe finden. Allein schon die Debatte über den Streit in der FDP und seinen Wechsel zur AfD haben ihn Sympathien gekostet. Dieser Strafbefehl schadet aber seinem Ruf besonders schwer und bringt ihn in eine schwierige Lage: Würde er die Strafe akzeptieren, wäre der Fall juristisch erledigt – er selbst aber auch in politischer Hinsicht. Natürlich könnte Klingler Stadtrat bleiben – es ist nicht anzunehmen, dass ihn die AfD fallen ließe. Immerhin verlöre sie den Fraktionsstatus.

Doch wie lange könnte er das Getuschel hinter seinem Rücken ertragen, etwa wenn es um die ordnungsgemäße Verwendung von Steuergeldern ginge? Eine Verurteilung vor Gericht wäre wohl keine viel größere Tragödie, so dass ihm tatsächlich jetzt nur die Flucht nach vorn bleibt und die Hoffnung, in einer öffentlichen Verhandlung doch noch plausibel darlegen zu können, dass er die Kasse ordentlich führte, auch wenn er sie geteilt hat. Das wird nicht einfach, denn Klingler hat im Tagesgeschäft offenbar nach eigenen Regeln gehandelt. Um darzulegen, wie 23 500 Euro aus der Fraktionskasse auf seinem Konto landen konnten und dennoch die Rechnung für 80 000 Flyer beglichen wurde, braucht er wirklich gute Argumente.