Dreißig Jahre diskutierte die Stadt, nun ist klar: Die Route entlang dem östlichen Neckarufer wird am Wochenende für Autos gesperrt.

Stuttgart - Nach rund 30 Jahren Diskussion um die zeitweise Sperrung der Hofener Straße entlang dem östlichen Neckarufer zwischen Bad Cannstatt und Hofen hat die ökosoziale Mehrheit am Dienstag Nägel mit Köpfen gemacht: Mit zehn zu sieben Stimmen entschied der Technikausschuss des Gemeinderats, die Route künftig an Samstagnachmittagen sowie sonn- und feiertags für den Autoverkehr zu sperren. Grüne, SPD sowie SÖS/Linke votierten für die Sperrung, CDU, Freie Wähler und FDP dagegen.

 

Schon zu Beginn der Debatte hatte der Baubürgermeister Matthias Hahn prophezeit, das Thema habe „das Zeug zum Topact“. Er sollte recht behalten. An der Straßensperrung entzündete sich wieder einmal eine Grundsatzdebatte um die Frage, welchem Verkehrsmittel in der Landeshauptstadt künftig der Vorzug gebührt.

Gefährliche Situationen auf schmalem Gehweg

Fakt ist, dass auf der 5,50 Meter schmalen Hofener Straße insbesondere an Wochenenden überproportional viele Fahrradfahrer, Inlineskater und Fußgänger unterwegs sind – an Sonntagen in den Sommerferien rund 2700. Auch Radfahrer und Inliner drängen sich dabei zumeist auf dem Gehweg entlang des Neckarufers, der allerdings nur knapp drei Meter breit ist, weil ihnen das Unfallrisiko auf der Fahrbahn bei Überholvorgängen zu hoch ist. Das wiederum führt im nicht motorisierten Freizeitverkehr, wie es im Verwaltungsdeutsch heißt, zu brenzligen Situationen.

SPD und Grüne hatten daher in einem gemeinsamen Antrag den Vorschlag erneuert, die Hofener Straße an Wochenenden für den Autoverkehr dichtzumachen. Geschehen soll dies mittels zweier Schrankenanlagen, die Regelung soll sobald wie möglich in Kraft treten und von 2013 an von Mai bis Oktober gelten. Das Stadtplanungsamt hatte auch weniger strikte Varianten geprüft, letztlich sei aber nur die Sperrung wirksam, so der Baubürgermeister.

Autos werden auf die Neckartalstraße ausweichen

Das Problem: die Autos, die am Wochenende dort nicht mehr fahren dürften, würden auf die Neckartalstraße, die am westlichen Flussufer entlang nach Mühlhausen führt, ausweichen. Der Verkehr dort (zwischen 8000 und 10 000 Fahrzeuge an Sonntagen) würde dementsprechend auf bis zu 13 000 Autos zunehmen. Nicht zuletzt deshalb hatten sich die Bezirksbeiräte von Münster und Mühlhausen stets gegen die Sperrung ausgesprochen.

Für die CDU kommt der Beschluss einem Skandal gleich: „An der Neckartalstraße sind 900 Anwohner betroffen, an der Hofener Straße sind es nur 100“, rechnete die Stadträtin Ursula Pfau vor. Auch die Weinbauern könnten ihre Flächen nicht mehr richtig bewirtschaften, wenn sie nicht mit dem Auto anfahren dürfen. Pfau plädierte für eine Verschiebung des Beschlusses und eine Bürgerbeteiligung. Rose von Stein (Freie Wähler) sprach angesichts der Mehrheitsentscheidung von einer „Verteufelung des Autofahrens“. Gerade am Wochenende diene es „dem Familienfrieden“, wenn man nach einem Ausflug ans Neckargestade oder den Max-Eyth-See „alles wieder ins Auto packen kann“. Auch Günter Stübel (FDP) sprach von „Radwege-Ideologie“ und davon, die Verwaltung wolle mit „gigantischen Radwegen“ die Autofahrer einengen.

Marita Gröger (SPD) nannte die Entscheidung für die Sperrung dagegen „überreif“. Peter Pätzold (Grüne) plädierte ebenfalls dafür, den Beschluss jetzt zu fassen und nicht zu vertagen: „Die Schranke ist das Einzige, was hilft.“ Und SÖS-Stadtrat Gangolf Stocker ist froh darüber, dass Radfahrer und Fußgänger künftig den Autoverkehr auf der Hofener Straße verdrängten.