Ein Militärschlag gegen Pjöngjang ist die letzte Option der USA. Die Risiken sind unübersehbar.

Washongton - Offiziell war der Testflug schon länger geplant. Kurz nach Mitternacht schoss am Mittwoch auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Vandenberg in Kalifornien eine Langstreckenrakete vom Typ Minuteman 3 in den Himmel. 6800 Kilometer südwestlich ging der Flugkörper später nach Angaben des US-Militärs auf einem Testgelände nahe der Marshallinseln im Pazifik nieder. „Ein solcher Test erfordert den höchsten Grad an technischer Kompetenz und Einsatz“, betonte der zuständige Kommandeur Oberst Michael Hough. Offenbar sollte der Abschuss vor dem Hintergrund der Spannungen mit Nordkorea also auch demonstrieren, dass die USA sich und ihre Verbündeten gegen Angriffe verteidigen können.

 

Wie Washington hingegen auf den ungebremsten Ausbau des nordkoreanischen Raketenprogramms reagiert, bleibt unklar. Einerseits verschärft Präsident Donald Trump seit Tagen die Rhetorik gegenüber Nordkorea und dessen Handelspartner China. Andererseits versicherte Außenminister Rex Tillerson dem Regime in Pjöngjang: „Wir sind nicht Ihr Feind und nicht Ihre Bedrohung.“

Nach zwei Atomversuchen und zahlreichen Raketentests durch das kommunistische Regime ist die Lage extrem angespannt. Vergangene Woche hatte das international isolierte Land eine Interkontinentalrakete getestet und den USA mit einem Atomangriff gedroht, falls diese versuchen sollten, einen Regierungswechsel herbeizuführen. Kurz darauf erklärte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, die Gespräche mit Nordkorea seien beendet. „Alle Optionen liegen auf dem Tisch“, antwortet Sarah Sanders, die Sprecherin des Weißen Hauses, seither. Das schließt Militäraktionen der USA nicht aus. Doch was Präsident Trump plant, sagt sie nicht.

Der Außenminister klingt zurückhaltender

„Wir werden mit Nordkorea fertigwerden. Wir werden in der Lage sein, mit ihnen fertigzuwerden. Es wird bewältigt werden. Wir bewältigen alles“, hatte Trump blumig am Montag gesagt. Am Tag zuvor schon zeigte er sich „sehr enttäuscht“ von China: „Unsere verrückten früheren Führer haben ihnen erlaubt, Hunderte Milliarden Dollar im Jahr mit Handel zu verdienen. Aber sie machen nichts für uns (im Konflikt) mit Nordkorea, außer zu reden. Das werden wir nicht länger hinnehmen“, twitterte er. Der republikanische Senator Lindsey Graham lieferte eine martialische Erklärung für diese Aussagen. „Es wird Krieg mit Nordkorea wegen des Raketenprogramms geben, wenn sie weiterhin versuchen, Amerika mit Interkontinentalraketen zu treffen“, sage der Hardliner am Dienstag im US-Fernsehen nach Gesprächen mit Trump. „Er hat es mir gesagt, und ich glaube ihm.“ Außenminister Tillerson klang kurz darauf hingegen deutlich zurückhaltender. Die USA wollten „friedlichen Druck“ auf Pjöngjang ausüben, sagte er. „Uns geht es nicht um den Zusammenbruch des Regimes. Uns geht es nicht um eine beschleunigte Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel.“ Allerdings müsse Nordkorea sein Atomprogramm aufgeben, forderte er.

Ein Grund für die schwankende amerikanische Haltung dürften die unabsehbaren Risiken einer militärischen Operation sein. Nicht nur droht in einem solchen Fall eine dramatische Verschlechterung der Beziehungen zu China, das sich bereits über den Trump-Tweet beschwerte. Auch wäre ein militärisches Engagement Trumps, der im Wahlkampf für einen Rückzug der USA als Weltpolizist geworben hatte, wegen der hohen Kosten politisch heikel. Vor allem aber könnte Pjöngjang bei einem Angriff innerhalb kurzer Zeit Raketen auf das benachbarte Südkorea abfeuern, wo auch US-Streitkräfte stationiert sind. Der Tod von Tausenden Zivilisten und Militärs wäre die wohl ausweichliche Folge.