Welche Motive vermuten Sie hinter der Bürgerinitiative, die gegen den Stall kämpft?
Genau diese Frage hätte ich den Vertretern der Bürgerinitiative bei meinen eigenen Recherchen gerne auch selbst gestellt. Leider wollten sie sich überhaupt nicht zu meinen Fragen äußern und haben mir sogar schriftlich untersagt, Namen zu nennen. Aus meiner Sicht ist diese Anonymität allein ein Grund dafür, die Seriosität der BI anzuzweifeln.
Kommen wir zu den einzelnen Kritikpunkten: Wie sehr stinkt ein solcher Schweinestall mit 200 Bio-Schweinen wirklich?
Grundsätzlich entstehen in jedem Stall andere Gerüche – je nach seiner Lage, Größe und Haltungsform. Ganz entscheidend dabei ist zudem die Art des Managements durch den jeweiligen Betriebsleiter. Pauschal kann man das daher nicht beantworten. Bei dieser Frage verlasse ich mich auf die Aussagen des Regierungspräsidiums, das die Geruchsimmissionen auf der Basis von anerkannten Ausbreitungsrechnungen abgeschätzt hat. Demnach werden die geltenden Grenzwerte – selbst unter Einbezug der im Betrieb vorhandenen Mobilställe für Legehennen und der Freilandhaltung von Mastschweinen – eingehalten. Im neuen Stall werden ja Kot und Urin getrennt. Daher ist die Geruchsbelastung per se geringer als in den meisten anderen Ställen.
„Gülle bereitet ein ernsthaftes Grundwasserproblem im Umfeld von Schweineställen“, heißt es in einem Brief der Bürgerinitiative. Stimmt das?
Wie fast immer, sind solche pauschalen Aussagen nicht zutreffend. Jeder tierhaltende Betrieb in Deutschland unterliegt heute strengen Vorgaben, was die Lagerung von Gülle oder Jauche auf dem Betrieb angeht. So müssen die Leitungen und Güllebehälter zum Beispiel absolut dicht sein. Auch die Ausbringung auf die Felder darf nur in einem bestimmten Zeitraum und nur in einer gewissen Menge, je nach Feldfrucht und Bodennährstoffen, erfolgen. Die Einhaltung dieser Vorgaben im Betrieb wird regelmäßig neutral kontrolliert. Klar ist aber auch: Die Grundwasserqualität im Land entspricht vielerorts, etwa was den Nitrat-Eintrag angeht, noch nicht den Vorgaben. Die Landwirte wissen, dass sie zu einer Verringerung beitragen können und tun es auch. Landesweit laufen daher – auch auf freiwilliger Basis – entsprechende Projekte. Messbare Erfolge sind bei dieser Problematik allerdings oft erst langfristig zu erwarten.
Gibt es, wie die BI behauptet, genug Bio-Schweinefleisch auf dem Markt?
Nein, aktuell reicht das Angebot an deutschen Bio-Schweinen nicht aus, um die steigende Nachfrage zu decken. Im Moment haben wir laut der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft in Bonn bei BioSchweinefleisch einen Selbstversorgungsgrad von 75 Prozent, das heißt wir importieren noch ein Viertel des hiesigen Bedarfs. Und das wird noch eine Weile so bleiben, da zu wenig Betriebe in diese Erzeugungsschiene einsteigen. Insofern ist die Investition von Familie Riehle zukunftsträchtig.
Ist der Weiler Widerstand ein Einzelfall?
Bis jetzt ist uns in der Redaktion ein solcher Fall noch nicht untergekommen. Zumal es sich hier auch noch um einen Stall handelt, der durch Forschung mittelfristig zur allgemeinen Verbesserung der Haltungsbedingungen beitragen soll. Wie soll die Tierhaltung verbessert werden, wenn nicht einmal mehr Pilotställe gebaut werden dürfen? Ohne solche praxisnahe Forschung geht es nicht.
Welche Argumente begegnen Ihnen da immer wieder?
Viele Bürger reagieren beim Thema Stallbau heute reflexartig mit Ablehnung ohne sich konkret mit den vor Ort vorliegenden Fakten beschäftigen zu wollen. Fast immer kommen sofort die Gegenargumente einer zu hohen Geruchs-und Lärmbelastung und negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Landschaft. Auch das Bild einer Massentierhaltung schwirrt vielen im Kopf, ohne eine genaue Vorstellung davon zu haben, was sie damit eigentlich meinen. Denn fest steht: Die Tierzahl eines Betriebes sagt nichts aus über seine Haltungsbedingungen.
Macht es Ihnen Sorgen, dass mittlerweile selbst kleine, familiäre Bio-Landwirte unter Beschuss kommen?
Ja, sehr. Denn es wirft die Frage auf, ob und wie wir in Zukunft in Deutschland überhaupt noch Nutztiere halten können. Wo wir hinsteuern ist klar: Wer Fleisch und Eier essen oder Milch trinken will, ist auf Importware aus anderen Ländern angewiesen. Und da sind die Haltungsbedingungen der Tiere alles andere als kontrollierbar. Insbesondere im Südwesten brechen uns seit Jahren tierhaltende Betriebe weg. Zum einen, weil die Erlöse kein vernünftiges Einkommen mehr gewährleisten und Investitionen angesichts immer weiter steigender Auflagen nicht mehr gestemmt werden können. Zum anderen aber auch, weil junge Hofnachfolger den Druck und die ständige Schelte seitens der Öffentlichkeit nicht mehr aushalten wollen oder können.