Volker Ellenberger, der Chef des Verwaltungsgerichtshofs hat ein Problem: Er muss vier Posten besetzen; ein Bewerber hat sich auf alle beworben, wurde aber abgewiesen. In drei Fällen sind seine Klagen schon abgelehnt worden. Doch der Streit geht weiter.

Mannheim - Seit Monaten verhindert ein Konkurrentenstreit die Neubesetzung von wichtigen Stellen am obersten Verwaltungsgericht des Landes, dem VGH in Mannheim. Seit fast einem Jahr ist dort schon die Position des Vizepräsidenten vakant, teilweise noch länger haben drei von insgesamt elf Senaten keine regulären Vorsitzenden mehr – die Arbeit dort müssen Vorsitzende Richter anderer Senate in Doppelfunktion zusätzlich übernehmen.

 

Das sorgt inzwischen für erhebliche Reibungsverluste und schlägt sich auch in der Statistik nieder: Nach den Zahlen, die der VGH vergangene Woche vorlegte, haben sich die Laufzeiten von erstinstanzlichen Haupt- und technischen Großverfahren in Mannheim gegenüber dem Vorjahr um knapp zwei Monate verlängert.

„Ich will nicht jammern, irgendwie geht es schon“, sagte der Präsident des Gerichts, Volker Ellenberger auf Anfrage zu diesem Thema. „Wir tragen das als eine notwendige Folge unseres Rechtsstaats, auch wenn sich dadurch einige Verfahren etwas in die Länge ziehen“.

Drei von vier Stellen könnten besetzt werden

Nach Angaben des Justizministeriums könnten zumindest drei der vier vakanten Stellen längst wieder besetzt sein. Für die vierte laufe das Auswahlverfahren noch – bei den übrigen habe man die Personalauswahl nach den Ausschreibungen bereits zwischen Februar und Juni 2015 getroffen. Der Präsidialrat als zuständiges Vertretungsgremium der Richterschaft sei eingebunden gewesen und habe der Entscheidung zugestimmt, erklärte ein Sprecher des Ministeriums.

Der Grund dafür, dass die neuen Vorsitzenden noch nicht ernannt werden konnten, seien drei Konkurrentenschutzklagen. Näheres dazu wollte er nicht sagen. Doch dem Vernehmen nach stammen alle drei von einem einzigen Richter, der am Verwaltungsgericht Stuttgart einer Kammer vorsteht. Er habe sich, so ist aus Justizkreisen zu hören, trotz seines vorgerückten Alters, um alle aktuell beim VGH freien Vorsitzenden-Stellen beworben, habe aber schlechtere Beurteilung bekommen als mehrere andere Bewerber und sei daher nicht zum Zuge gekommen.

Zuständig für die Konkurrentenschutzverfahren sind die Verwaltungsgerichte selbst. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat den Anträgen des Klägers im Eilverfahren zunächst entsprochen. Aufgrund von Beschwerden des Landes hat der VGH aber alle drei Anträge auf Erlass von einstweiligen Anordnungen gegen die Personalauswahl des Ministeriums abgelehnt.

„Beurteilung nicht fehlerhaft“

Der erste Beschluss ist, wie erst jetzt bekannt wurde, schon Ende Oktober 2015 ergangen und liegt in anonymisierter Form vor. In der auf 35 Seiten begründeten Entscheidung heißt es unter anderem, die Beurteilung der Bewerber habe sich bei der Überprüfung als „nicht fehlerhaft“ erwiesen. Der Anspruch des Klägers auf eine leistungsgerechte Einbeziehung in die Auswahlentscheidung sei in dem Verfahren vom Ministerium nicht verletzt worden. Nach den Beurteilungen anlässlich der Stellenbesetzung seien alle vier Interessenten für das angestrebte Amt geeignet gewesen. Der ausgewählte Richter habe jedoch gegenüber den anderen „einen klaren Vorsprung“ gehabt, er sei „ohne Zweifel der am besten geeignete Bewerber“ gewesen.

Dem Kläger selbst hatten seine Dienstvorgesetzten dem Beschluss zufolge zwar die fachliche Eignung für die angestrebte Stelle bescheinigt, sie hatten aber auch „gewisse Mängel“ in der Sozialkompetenz und Probleme in der Kommunikation mit Kollegen erwähnt; seine Führungskompetenz hatten sie als „etwas zweifelhaft“ beurteilt. Angesichts angeführter Bespiele seien solche Schlussfolgerungen „ohne Weiteres plausibel“, Mängel in der Beurteilung habe man nicht erkennen können, so der Senat. Einen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Ministerium habe der Kläger nicht glaubhaft gemacht.

Beschluss ist unanfechtbar

Der Beschluss ist unanfechtbar, der Kläger hat gegen ihn eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Weil die Entscheidung dort noch aussteht, ist die Besetzung der fraglichen Stelle in Mannheim weiter blockiert.

Unabhängig davon hat der für Beamtenrecht zuständige 4. Senat des VGH diese Woche im Eilverfahren zwei weitere Anträge des unterlegenen abgelehnten Bewerbers in zwei weiteren Stellenverfahren abgelehnt. Auch dagegen kann der Antragsteller innerhalb von zwei Wochen Verfassungsbeschwerde einlegen. Man rechne damit, dass er das tun werde, heißt es im VGH (Az. 4 S 1733/15).