Die Atommüllendlagerung ist für viele Bürger ein Reizthema. Die Kosten der Endlagerung kann derzeit niemand seriös beziffern. Nach derzeitiger Rechtslage müssen sie weitgehend von den Konzernen getragen werden.

Stuttgart - Radioaktive Abfälle geben lange gefährliche Strahlung ab und müssen bis zu eine Million Jahre lang sicher eingeschlossen und von der Biosphäre getrennt werden. Die Kosten dafür kann niemand beziffern. Im Kohlenbergbau wird von den „Ewigkeitslasten“ gesprochen, die bei der Stilllegung einer Grube entstehen. Einen entsprechenden Begriff gibt es beim Atommüll nicht. Nach Angaben des Deutschen Atomforums, eines Lobbyverbandes der Atomindustrie, betragen die Kosten für die Entsorgung zehn Prozent der Erzeugungskosten von Strom aus Atomkraft. Sie müssen bei hochradioaktiven Abfällen zu 96,5 Prozent von den „Ablieferungspflichtigen“ getragen werden – also von den Betreibern von Atomkraftwerken mit Blöcken von mehr als 200 Megawatt Leistung.

 

Bei schwach- und mittelaktiven Abfällen liegt deren Kostenanteil bei 64,4 Prozent. Die AKW-Betreiber müssen für diese Kosten Rückstellungen in ihren Bilanzen bilden, die aktuell rund 35,8 Milliarden Euro betragen. Auf die EnBW entfallen 7,6 Milliarden Euro. Der Abriss eines Atomkraftwerks kostet rund eine Milliarde Euro. Drei größere Atomkraftwerke werden beziehungsweise wurden bereits abgebaut: Würgassen, Stade und Mülheim-Kärlich. Hinzu kommen weitere Atomanlagen wie die Versuchsreaktoren in Kahl und Jülich, der Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop sowie die Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe. Für das geplante Endlager Gorleben wurden bisher 1,6 Milliarden Euro ausgegeben. Das Endlager Konrad für schwach- und mittelradioaktive Abfälle soll 2,2 Milliarden Euro kosten. Die Kosten für die Rückholung der Abfälle aus der durch Wassereinbruch gefährdeten Grube Asse II werden auf bis zu 2,5 Milliarden Euro geschätzt. Sie müssen vom Bund getragen werden. Für die Suche nach einem neuen Endlager für hochradioaktive Abfälle veranschlagte der frühere Umweltminister Peter Altmaier rund zwei Milliarden Euro.

Das System der Finanzierung über Rückstellungen der Betreiber wurde mit der Atomwirtschaft entwickelt und bisher auch von ihr unterstützt. Auf der Internetseite des Atomforums steht dazu immer noch eine Stellungnahme von 2008. Darin heißt es, das Rückstellungssystem habe mehrmals auf dem Prüfstand von Bundesregierung, EU-Kommission und Europäischem Gerichtshof gestanden und sei regelmäßig bestätigt worden. Ein Fonds als Alternative sei aus inhaltlichen und rechtlichen Gründen abgelehnt worden. Zusammenfassend heißt es, das System habe sich bewährt und sollte fortgeführt werden.