Laut einer Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Meinungsfreiheit (ECPMF) ist die Zahl der tätlichen Angriffe auf Journalisten in Deutschland im vergangenen Jahr erneut gestiegen.

Die Zahl der körperlichen Angriffe auf Journalisten in Deutschland ist laut einer Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Meinungsfreiheit (ECPMF) im vergangenen Jahr wieder angestiegen. 2023 habe das ECPMF 69 Fälle von physischen Angriffen auf Medienschaffende verifizieren können, 13 mehr als 2022, teilte das in Leipzig ansässige ECPMF am Dienstag mit. 2021 waren demnach 83 Fälle verzeichnet worden.

 

Seit nunmehr vier Jahren befänden sich die jährlichen Zahlen von Angriffen auf Journalisten und Journalistinnen auf einem hohen Niveau, hieß es. Die Annahme, dass mit der Marginalisierung der Querdenker-Bewegung und dem damit gekoppelten abnehmenden Versammlungsaufkommen auch die Zahl der Angriffe auf Journalisten in Deutschland sinke, habe sich nicht bestätigt.

Bayern steht der Studie zufolge bei den tätlichen Angriffen auf Journalisten und Journalistinnen 2023 mit 6 Fällen an dritter Stelle der Bundesländer. Berlin löst Sachsen als Spitzenreiter im Vergleich zum Vorjahr ab. Zwar verzeichnet Sachsen mit 13 Fällen mehr Attacken als im Vorjahr (11 Fälle), jedoch weist Berlin mit 25 tätlichen Angriffen einen deutlich höheren Wert auf. Von den 25 Fällen ereigneten sich 21 im Umfeld pro-palästinensischer Demonstrationen.

Phänomen der Selbstzensur

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl physischer Angriffe auf Lokaljournalisten gesunken, wie es weiter heißt. Insgesamt wurden sieben physische und acht nicht-physische Angriffe registriert. Im Jahr 2022 lag die Zahl physischer Angriffe noch bei zwölf. Einige der Lokaljournalisten und -journalistinnen, die 2023 Ziel von physischen und nicht-physischen Angriffen wurden, waren auch in der Vergangenheit betroffen. Bereits in der Studie zuvor wurde darauf hingewiesen, dass fehlende Anonymität im Lokalen ein Sicherheitsproblem für Lokaljournalisten darstellen kann.

In einer näheren Analyse des Bundeslandes Sachsen, welches seit 2015 insgesamt ein Drittel aller registrierten Fälle (117 von 390) auf sich vereint, zeigt sich demzufolge zudem ein bisher unterbelichtetes Phänomen: Selbstzensur. Lokaljournalisten, die tätig seien, wo extrem rechte Raumaneignung im Lokalen erheblich fortgeschritten sei und in die sogenannte Mitte der Gesellschaft hineinreiche, berichteten davon, dass gewisse Themen vor Ort aufgrund einer wahrgenommenen permanenten Bedrohungslage ausgespart würden, heißt es in der Studie. Die Studienautoren fordern deshalb, zu erforschen, wie ausgeprägt das Phänomen der Selbstzensur bereits ist und inwieweit sich diese Erfahrungsberichte auch auf andere Regionen in Sachsen und auf andere Bundesländer übertragen lassen.

Die Studie entstand den Angaben zufolge in Kooperation mit dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). (00/1209/16.04.2024)